Wie die Idealversicherung Makler verärgert…

…und ob die Makler mit Ihrem Ärger richtig liegen.

Provokantes Video

 

Falls Sie es noch nicht mitbekommen haben: Die Ideal-Versicherung hat sich mit einem provokanten Video weit aus dem Fenster gewagt und einen Shitstorm unter Maklern verursacht.

Ich gebe zu, als ich das Video das erste Mal sah, war ich selbst erschrocken: Passt so etwas zu einem Seniorenversicherer?

 

In dem Video finden sich Mann und Frau in einer leidenschaftlichen Situation um das erste gemeinsame Liebesspiel. Die Situation mündet darin, dass Sie -offenkundig etwas enttäuscht ob seiner Penisgröße- ihm einen Umschnalldildo zuwirft. „Passt immer“ lautet das nüchterne Fazit, mit dem der Versicherer am Ende den Bezug zu seinem neuem Produkt „Universal Life“ herstellt.

Das neue Produkt setzt nicht auf Senioren, sondern bietet einen vollkommen neuen digitalen Ansatz sich seine Lebensversicherung zusammenzustellen. Entsprechend bemüht ist der Versicherer sein Image vom Seniorenversicherer zu ändern und scheut nicht davor zurück mit dem polarisierenden Video den Versuch einer viralen Werbung zu starten.

 

blau direkt springt auf Viral-Kampagne auf

 

Nach wenigen Stunden hatte das Video bereits mehrere hundert Views, war auf Facebook über 40 Mal geteilt worden. An dieser Stelle hängte sich blau direkt an die Viralkampagne an und brachte eine „korrigierte“ Version des Videos  in seinem Blog. Unser Unternehmen versah den Umschnalldildo mit dem firmeneigenen Logo und wies die Ideal daraufhin, dass es der richtigen Werkzeuge bedürfe, damit es „immer passe“. Diese Werkzeuge liefere blau direkt.

Makler verärgert über Ideal-Video

 

Innerhalb kürzester Zeit erntete der blau direk-Blog mehr als 20 Kommentare. Wie schon zuvor in den sozialen Medien entlud sich die Maklerwut in zum Teil derbsten Sprüchen: „Steckt euch das Ding in alle Löcher die ihr habt.“ Auch in entsprechenden Facebook-Gruppen reagieren Makler größtenteils ungehalten, fürchten um den Ruf der Branche, kündigen an, keine Ideal-Produkt emehr vertreiben zu wollen. Mit Sex zu werben sei schäbig, unangemessen, imagegefährdend. Hat die Ideal daneben gegriffen?

 

Sex sells? Was das Video wirklich zeigt.

 

Tatsächlich geht es in dem Werbespot gar nicht um den Verkauf mit Sex. Von „Sex sells“ spricht man, wenn versucht wird den Betrachter anzuregen, um von dieser Anregung zu profitieren. Das ist hier jedoch offensichtlich nicht der Fall. Zum einen dürfte das Liebesspiel mit Umschnalldildos kaum die sexuelle Phantasie der Mehrheit ansprechen, zum anderen wird jede eventuell aufkommende Erotik durch den Witz im Keim erstickt.

Was Makler als Perversion oder billige Provokation sehen, spiegelt in Wahrheit ein sehr modernes Weltbild wieder.

Betrachten wir den Spot einmal genauer:

Der Mann präsentiert sein bestes Stück selbstbewusst. Er ist offenkundig sehr zufrieden mit sich und seiner sexuellen Ausstattung.

Die Frau reagiert etwas enttäuscht, als Ihr sein bestes Stück zu klein erscheint. Doch Ihre Reaktion ist fantastisch. So wie es Paartherapeuthen und Sexualratgeber seit Jahrzehnten fordern, verleugnet die Frau nicht ihre Bedürfnisse. Sie täuscht nicht einfach einen Orgasmus vor (wie es 7 von 10 Frauen Sozialstudien nach schon getan hätten). Selbstbewusst kommuniziert die Dame was ihr Freude macht;  bietet dem Partner eine Problemlösung an. Sie wirft dem Mann einen Umschnalldildo zu. Damit macht sie gleichzeitig klar, dass Sie ihren Partner unverändert begehrt, das die Penisgröße für sie offenbar wichtig -aber nicht entscheidend – ist.

Phänomenal ist seine Reaktion: Er ist zwar überrascht, aber nicht beleidigt. Er fühlt sich nicht als Mensch zurückgesetzt, sieht sich nicht als unzureichend, nur weil es möglicherweise ein rein physikalisches Problem mit inkompatiblen Größen gibt. Er reagiert neugierig und aufgeschlossen. Erfreut lässt er sich auf den Vorschlag seiner Partnerin ein; bereit die neue Spielart auszuprobieren.

Was uns die Ideal präsentiert, ist dem Grunde ein sehr modernes Gesellschaftsbild, indem

  • sich Frauen nicht mehr für ihre Lust schämen und ihre Interessen offen vertreten dürfen.
  • Männer Ihren Wert nicht nach der Größe ihres Penis definieren.
  • beide Partner offen für Neues sind.
  • beide Partner bereit sind sich auf die Bedürfnisse des Partners einzustellen.

Eine schöne Aussage und mit viel Humor präsentiert.

 

Imageschaden für die Branche?

 

Die Befürchtung, die Ideal könne dem Image der Branche schaden, erscheint dabei nicht so recht nachvollziehbar. Als die Bildzeitung mit einem ähnlichen Spot für Ihre Zeitung warb kam die Werbung sehr positiv an. Mehr als 11.000 positive Daumen stehen weniger als 1.000 abwertende Daumen gegenüber. Doch selbst wenn die Werbung schief geht, wird in der Regel nicht die Branche verantwortlich gemacht.

Werbung mit großem Imageschaden: Benetton mit blutiger Kleidung.

Ein besonders deutliches Beispiel war der bisher größte Fehlgriff beim Versuch polarisierender Werbung in der deutschen Mediengeschichte. Als Benetton in seiner Werbung den Krieg in Bosnien aufgriff erschien dies weiten Teilen der Bevölkerung als geschmacklos. Tatsächlich brachen die Verkäufe der Marke ein. Die Marke erreichte nie wieder ihr Ursprungsniveau. Allerdings machte niemand die Textilbranche als Ganzes verantwortlich. Anders als bei Skandalen (beispielsweise Kinderarbeit in der Textilbranche oder Lustreisen einzelner Versicherer für die Versicheurngsbranche) werden Fehltritte in der Werbung immer dem werbenden Unternehmen zugewiesen.

 

Makler ähneln Islamisten?

 

Ob all das ausgerechnet zu einem Versicherungsprodukt passt kann man berechtigterweise kontrovers diskutieren, doch die Mehrheit der Makler reagiert rein emotional.

Das ist interessant, wenn man sich eine zweite Gruppe ansieht, die auf das Video ebenso emotional reagiert: Islamisten. So  gab es Kommentare (beispielsweise unter Absendeadressen wie „schande@allah“) dieser Gruppe mit ebenso derben Beleidigungen. Einige mussten gelöscht werden.

Offenkundig sind beide Gruppen vergleichbar wertkonservativ und gesellschaftlichen Entwicklungen gegenüber wenig aufgeschlossen. Selbst in Sachen Egozentrik scheint es Parallelen zu geben, wenn man die Reaktionen vergleicht.
Während sich Blog und Youtube-Kanal von blau direkt vor allem auf Makler konzentrieren, konzentriert sich der Kanal der Ideal-Versicherung auf die Verbraucher. Der direkte Vergleich des Auditoriums ist erschütternd. Er stellt Maklern kein gutes Zeugnis aus.

 

Nutzungskompetenz in modernen Medien fällt hinter Kunden zurück

 

Das geht schon los in der Nutzungskompetenz der sozialen Medien. Während die hoch verärgerten Makler nur in 0,2% aller Fälle von den Bewertungsangeboten auf Youtube Gebrauch machen, nutzen die Kunden – denen der Spot eigentlich egal sein könnte – die Bewertungsmöglichkeiten 4 Mal häufiger. Wie schon in vielen anderen von mir dargelegten Beispielen zeigt sich auch hier, dass Kunden ihrem Makler in der Onlinenutzung weit voraus sind. Das es Maklern so kaum gelingen wird neue digitale Angebote wie das der Onlinemakler-Apps um Knip & Co oder die neue Digital-Police der Ideal realistisch einzuschätzen, liegt auf der Hand. Was man selbst nicht nutzt (oder zu nutzen vermag), wird man kaum richtig einschätzen können.

 

Verbraucher lieben den Spot, Makler hassen ihn

 

Noch spannender ist die Bewertung des Videos selbst:

Während die Wertung der Makler zu 80% Ablehnung offenlegt, ist die Endkundenwertung eine vollkommen andere. Das Video sammelte nicht nur mehr als 14.000 Views innerhalb von 4 Tagen und ist damit das erfolgreichste Youtube-Video der Versicherungsbranche in diesem Jahr, es erntete auch rund 80% Zustimmung seitens der Verbraucher.

 

Wer ist der Verlierer des Spots?

 

Wohlmöglich wird die Ideal eine Menge beleidigte Vertriebspartner verlieren. Doch ich bezweifele, dass es der Ideal schaden wird. Im Gegenteil: Die zweifelhafte Reaktion der Maklerschaft könnte bei anderen Versicherern den Eindruck schüren, es sei hoffnungslos in der Zukunft auf Makler zu setzen. Immerhin beweisen Makler hier recht deutlich, dass Sie zwar mit Inbrunst behaupten sie wüssten, was ihre Kunden bräuchten und wollen, während sie doch in Wahrheit Kundenmeinungen vollkommen ausblenden. Die Fakten zeigen: Makler fragen ihre Kunden nicht einmal mehr.

Kunden springen der Ideal zur Seite

 

Das musste auch ein Berliner Makler erfahren, der im Youtube-Kanal der Ideal ein vernichtendes Urteil über Spot und Unternehmen schrieb. Ein Kunde sprang darauf der Ideal zur Seite:

„So wie ich das als Außenstehender sehe und Ihre Antwort in Bezug auf den Clip beurteile, haben Sie rein gar net verstanden worum es geht?! Die Branche läuft sehenden Auges in ihr Verderben und hat wenig bis keine Antworten auf die Niedrigzinssituation etc.! Digitalisierung ist bis lang ein Witz… Der Clip steht weder für Dildos, noch für Lustreisen etc. – er steht viel mehr für das was notwendig ist… Eine radikale Anpassung an die neuen Gegebenheiten nämlich!“

Entsetzlich, dass uns das ein Kunde sagen muss.

 

 




7 Kommentare zu “Wie die Idealversicherung Makler verärgert…

  1. Oh mein Gott! Was für ein Beitrag. Peinlich! In der Mitte habe ich aufgehört zu lesen.

    Weil jemand gläubig ist (schande@allah.com), heißt das nicht, dass er Islamist ist. Hier Makler mit Islamisten zu vergleichen und Gläubige als Islamisten darzustellen, ist schämenswert. Passt nicht so ganz mit dem „modernen Weltbild“ zusammen, dass Sie hier proklamieren.

    P.S.: Wenn es bei der Ideal „immer passt“, ist wohl kaum ein Megadildo nötig. Seitdem ich übrigens die Werbung gesehen habe, denke ich manchmal die Ideal wäre ein Dildolieferant.

    1. „In der Mitte habe ich aufgehört zu lesen.“

      Der Vergleich zu Fundamentalisten ist natürlich provokativ. Ist er abwegig?

      Rein sachlich lässt sich zunächst einmal feststellen, dass Kritik bislang ausschließlich seitens dieser 2 Gruppen erfolgt. Das rechtfertigt zumindest danach zu fragen warum das so ist, Meinen Sie nicht?

      Wenn Fundamentalisten sich provoziert fühlen werden sie unsachlich, bezeichnen dies als Verteidigung und erklären sich zum Opfer.
      Was genau provoziert Sie, wenn jemand im Jahr 2016 einen Werbespot mit einem Dildo – der scheint ja im Mittelpunkt Ihrer Aufmerksamkeit zu stehen – produziert? Wieso meinen Sie deshalb der Gechäftsführung von blau direkt die Interessenvertretung ihrer Makler absprechen zu können (das haben Sie schließlich in einem vorherigen Kommentar ausschließlich aufgrund des Spots getan)?

      Es ist vollkommen in Ordnung, wenn Ihnen der Spot nicht gefällt. Die können auch völlig berechtigt der Meinung sein, dass Versicherer nicht polarisierend oder gar mit sexuellen Inhalten werben sollten.

      Andere Meinungen sind aber zumindest berechtigt Tobias.

      Sie können meine Meinung ignorieren oder verurteilen. Das schadet weder Ihnen noch mir. Doch wem schadet es, wenn Sie die Meinung Ihrer Kunden geringschätzen?

  2. Hauptsache viral! Alles was Aufmerksamkeit erregt ist gut…oder? Selbstverständlich funktionieren reißerische Werbung, Überschriften, Artikel. Und selbstverständlich kann auch ein Shit-Storm einen Beitrag zur Verbreitung von Informationen liefern. Mir persönlich ist das viel zu platt. Muss man tatsächlich auf jeden Trend aufspringen und muss wirklich jede Kuh durchs Dorf getrieben werden? Muss grundsätzlich immer dramatisiert werden, damit man auch im Netz wahr genommen wird? Vermutlich ja…. die schöne neue Welt!

  3. Zuspruch hin, Ablehnung her. Das Video war der Ideal anscheinend dann doch zu heiß … es ist auf Youtube nicht (mehr?) abrufbar. Oder ist nur die URL falsch?

    Dann finde ich, bei der Berechnung der Nutzungskompetenz von einem Faktor 4 zu reden manipulativ, denn eine Nutzung von 0,2% oder 0,8% ist in beiden Fällen eher marginal zu nennen!

    Ich kann auch nicht nachvollziehen, wie eine Werbung mit Dildos die zu recht vom Kunden bemängelte Situation bei Niedrigzins und fehlender Digitalisierung beheben kann? Wird dadurch nicht eher versucht, von der nötigen radikalen Anpassung abzulenken?

    Aber vielleicht erschließt sich mir auch einfach nicht der volle Funktionsumfang eines Dildos 😉

    https://www.youtube.com/watch?v=VMWqJO1n52k

  4. Link korrigiert. Danke für den Hinweis! 🙂

    Maginal sind die Nutzerunterschiede nicht. Bei einer Gesamtmenge von -jetzt 22.000- Views ist das statistisch in hohem Maß signifikant.

    Jedenfalls bin ich immer wieder überrascht, wie bierernst Kollegen den Witz nehmen.Da fällt mir bloß Curt Goetz ein:
    ’’Humor ist nicht erlernbar. Neben Geist und Witz setzt er vor allem ein großes Maß an Herzensgüte voraus, an Geduld, Nachsicht und Menschenliebe.‘‘

  5. Viel schlimmer ist doch,

    das sich viele mit dem geilsten MVP jeden Morgen über den schönen großen Bestand
    „einen runter…“ und gar nicht merken, dass HINTEN der Kunde wegläuft.
    Warum haben denn plötzlich Kunden fremde Apps für Versicherungen, Bankkonten, Fußball und Freundschaften – warum schreiben denn Kunden Nachrichten an mich über whatsapp! Warum wollen die lieber Skypen, als dass ich bei denen rumsitze…???
    Weil sich die Welt weiterbewegt und viele Branchen vergessen, die Wünsche und PRObleme der Kunden zu ANALysieren.
    Wir haben genug sinnvolles zu tun, als über die IDEAL und fremde Klicks zu grübeln,
    wichtig sind die eigenen und NEUEN Kunden, sonst sind wir bald im ARS…

    Wer nicht wirbt, der stirbt. – Sonst ist er schnell FORD…

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