Bücher waren im fünfzehnten Jahrhundert ein seltenes Luxusgut. Sie wurden vervielfältigt indem sie Stück für Stück feinsäuberlich von Hand abgeschrieben wurden. In der Regel geschah dies zu damaliger Zeit in den Klöstern. Guttenberg änderte dies mit der Erfindung des Buchdrucks. Zum damaligen Zeitpunkt hatten bereits 16 Druckereien in Europa ihre Pforten geöffnet.Viele beobachteten die neue Buchdrucktechnik mit Argusaugen, immerhin bot sich hier den Schreibstuben der Klöster eine mächtige Konkurrenz.
1469 schrieb der Mönch Reginhard aus dem Oratorianer Kloster in Ilsede, dass gedruckte Bücher seelenlos seien. „Nie werden Kunst, Anmut und Seele eines von Hand sorgsam übertragenen Buches erreicht werden. Der Buchdruck wird seelenlose Mode bleiben.“ Reginhard war nicht irgendein Mönch, er war ein Schriftgelehrter und hatte das was man aus heutiger Sicht wohl eine fachliche Expertise nennen könnte. Doch wie wir wissen irrte er. 20 Jahre später gab es schon über 200 Druckereien und die Klöster stellten das bis dahin verbreitete handschriftliche Verfielfältigen von Büchern ein.
Der Lächerlichkeit preis gegeben
Obwohl Mönch Reginald ein Meister der Buchkunst war, erkannte er die bessere Technik nicht als er sie sah. Heute werden die meisten seine Aussage lächerlich finden. Reginald ist damit heute in guter Gesellschaft. Villeicht erkennen Sie einige der folgenden Aussagen:
Thomas Watson, IBM-Chef 1943:
Ich glaube, es gibt einen weltweiten Bedarf an vielleicht fünf Computern.
Popular Mechanics, 1949:
In Zukunft könnte es Computer geben, die weniger als 1,5 Tonnen wiegen.
ein Lektor für Wirtschaftsbücher beim Verlag Prentice Hall, 1957:
Ich habe das ganze Land bereist und mit allen Experten gesprochen, und ich sage Ihnen: Datenverarbeitung ist ein Modefimmel, der nicht einmal das Jahr überstehen wird.
Ken Olson, Präsident, Vorstand und Gründer von Digital Equipment, 1977:
Es gibt keinen Grund, warum irgendjemand in der Zukunft einen Computer bei sich haben sollte.
Bill Gates, 1981:
640 KBytes Arbeitsspeicher ist alles, was irgendeine Applikation jemals benötigen sollte.
Tatsächlich machen selbst „Experten“ oftmals verhängnisvolle Prognosen. Sie irren sich kapital bei der Einschätzung neuer Techniken, weil ihr persönlicher Erfolg mit der bestehenden Methodik sie täuscht. Dabei hätten Reginald schon die schlichten Fakten alarmieren können. Bereits zum Zeitpunkt seiner Aussage wurden 3 mal mehr Bücher gedruckt als handschriftlich kopiert.
Wenn eine neue Technik den alten Markt überflügelt und weiter ungezügelt wächst, ist es irrational davon auszugehen, dass dieser Trend irgendwann gesättigt ist oder sich irgendwann zu Gunsten der alten Technik umkehrt. Biologen wissen: Wenn eine invasive Tierart beginnt sich auszubreiten und zunehmend eine einheimische Tierart verdrängt, endet dies für gewöhnlich nicht in einem Gleichgewicht. Fast immer ist mit einem Aussterben des bisherigen Revier-Inhabers zu rechnen.
Makler als endemische Art
Heute hat der Onlinemarkt bereits mehr als 40% des klassischen Privatenkunden-Neugeschäfts an sich gerissen. Gibt es wirklich einen Grund zu glauben, dass der „Mensch“ bzw. das „persönliche Gespräch“ per se einem technischen Ansatz überlegen sei?
Viele Makler glauben aufgrund Ihrer Alltagserfahrung, dass das qualifizierte persönliche Gespräch immer obsiegt, obwohl die Fakten diesen Glauben bereits jetzt mit purer Zahlenmacht widerlegen. Dabei verhält der Makler sich wie eine endemische Population, die von einer invasiven Spezies überrannt wird. Wer sich nicht anpasst, wird verdrängt.
Dogmen selbstkritisch prüfen
Wie wenig die Maklerüberzeugung trägt lässt sich an der Substanz ihrer Grundlage erkennen. Jeder Makler weiß, dass nicht Produktmerkmale, sondern das Kundenvertrauen den Ausschlag zu seiner Kaufentscheidung gibt. Ebenso weiß jeder Makler, dass ein Kunde über dieses Vertrauen weniger mit dem Kopf als mit dem Bauch -also mehr intuitiv als überlegt rational – entscheidet. Empathie ist die Grundlage des Vertrauens. Doch wenn man nachfragt wie sich Empathie bildet, wie Emotionen im Kopf des Kunden entstehen, erhält man Symptome oder Kniffe aufgezählt. Der eigentliche Wirkmechanismus ist Maklern in der Regel nicht bekannt.
Der Makler konzentriert sich darauf herauszufinden, welche Knöpfe er beim Kunden drücken muss, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Wie diese Knöpfe funktionieren, was zwischen Ergebnis und Aktion im Kundenkopf passiert bleibt eine Blackbox.
Wenn er aber gar nicht weiß wie er beim Kunden funktioniert, auf welcher Grundlage fusst dann seine Überzeugung nicht ersetzbar zu sein? Ist das vielleicht nur Wunschdenken?
Hilfe von wissenschaftlicher Seite
Glücklicherweise hat die Wissenschaft herausgefunden wie genau der Wirkmechanismus funktioniert. Die Erkenntnisse machen Hoffnung, denn sie zeigen Lösungen für den Makler auf. In einem der nächsten Blogbeiträge dazu mehr.
Vielleicht ist der Makler ja doch keine vom Aussterben bedrohte Spezies. Biologen beobachten hin und wieder, dass eine von der Verdrängung bedrohte Spezie die Überlebensstrategie ändert und seine alten Stärken auf neue Weise und damit wirkungsvoller einsetzt als bisher.