Das Landessozialgericht Baden Württemberg (L 11 R 2461/10) entschied am 01.02.2011 das ein Versicherungsmakler, der keine SV-pflichtigen Arbeitnehmer beschäftige und nur mit einem Pool zusammenarbeite als „arbeitnehmerähnlicher Selbständiger“ einzustufen sei. Er unterliege damit der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht. Das Landgericht ging in seiner Entscheidung davon aus, dass der Pool einziger Auftraggeber des Maklers sei.
Was ist davon zu halten? Sind Makler die sich dafür entscheiden die Abwicklung outzusourcen „scheinselbständig“?
Wer ist Auftraggeber?
Verschiedene Verbände und Interessenvertreter haben darauf hingewiesen, dass der Auftraggeber des Maklers ausschließlich dessen Kunde wäre. Somit seien in jedem Fall mehrere Auftraggeber vorhanden. Damit wäre es auch unerheblich, mit wieviel Pools oder Gesellschaften er Anbindungen unterhalten würde. Eine Erklärung die einleuchtend klingt und gesetzlich im Versicherungsvertragsgesetz Bestätigung findet:
§ 59 Abs. 3 VVG „Versicherungsmakler im Sinn dieses Gesetzes ist, wer gewerbsmäßig für den Auftraggeber die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen übernimmt, ohne von einem Versicherer oder von einem Versicherungsvertreter damit betraut zu sein. Als Versicherungsmakler gilt, wer gegenüber dem Versicherungsnehmer den Anschein erweckt, er erbringe seine Leistungen als Versicherungsmakler nach Satz 1.“
Ganz so einfach scheint dies jedoch nicht zu sein, da das oben genannte Urteil in einem weiteren bestätigt wurde. Hierin wurde abermals einem Versicherungsmakler eine Scheinselbständigkeit bescheinigt. Das Gericht bezog sich auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (B 12 RA 1/04 R) nach welchen eine arbeitnehmerähnliche Selbständigkeit anzunehmen sei, wenn die erzielten Einkünfte eines Auftraggebers weniger als fünf Sechstel der Gesamteinkünfte ausmachten. Demnach würde es auch nicht ausreichen ein paar mindere Geschäfte über einen weiteren Pool oder einige Direktvereinbarungen einzusteuern.
Ist ein Makler, der sich tatsächlich dafür entscheidet wesentlich mit einem Pool zusammenzuarbeiten scheinselbständig und damit sozialversicherungspflichtig?
Äpfel und Birnen
Wie so oft im juristischen werden allzuoft Äpfel und Birnen verglichen. Ein Urteil bezieht sich immer auf konkrete Einzelfälle. Ohne sich den Einzelfal genau anzusehen, lassen sich daraus keine allgemeinen Schlüsse ziehen.
Jeder Makler kennt „Pools“ die eher Strukturvertriebe oder Ausschließlichkeitsorganisationen größerer Versicherer sind. Als Pool tarnen sich diese Vertriebe lediglich, weil man dadurch leichter neue Mitglieder akquirieren kann. In solchen Vertrieben ist es üblich die angeschlossenen Makler wie gebundene Handelsvertreter zu instruieren und zu lenken. Der Maklerstatus dient an sich nur der Enthaftung des Vertriebs. Es liegt auf der Hand, dass die Behauptung ein Pool zu sein (ein ungeschützter und nicht verbindlich ausgestalteter Begriff) ebensowenig Selbständigkeit begründen kann, wie der theoretische berufliche Status.
Faktenlage
Das Bundessozialgericht (BSG) hat bereits 2003 und 2004 entschieden, dass eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch
- das eigene Unternehmerrisiko,
- das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte mit eigenen Betriebsmittel,
- die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft,
- die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit
gekennzeichnet ist.
Ist der Auftragnehmer hingegen in den Betrieb eingegliedert und werden Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung einem umfassenden Weisungsrecht unterstellt, handelt es sich nicht um eine selbständige Tätigkeit.
Die Frage ist also nicht, ob jemand seine Geschäftsabwicklung ganz oder teilweise an einen Pool oder mehrere Anbindungen auslagert, sondern lediglich ob er insgesamt selbständig nach oben genannten Kriterien handelt. Die Frage ist also vielmehr, wie die oben genannten Wesenszüge einer selbständigen Tätigkeit in der Praxis definiert und geprüft werden.
Prüfverfahren
Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) prüft zunächst von sich aus, ob der Überprüfte weisungsgebunden in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers integriert ist.
Falls die überprüften Personen Auskünfte verweigern bzw. die Mithilfe ablehnen, greift hingegen ein Kriterienkatalog. Dieser enthält fünf Merkmale:
- Der Betreffende beschäftigt keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer mit Einkommen über 630 Mark, das gilt auch für Familienangehörige.
- Er arbeitet auf Dauer nur für einen Auftraggeber, von dem er zumindest fünf Sechstel seiner Gesamteinkünfte bezieht.
- Die Arbeiten würden sonst üblicherweise Arbeitnehmer des Auftraggebers verrichten.
- Typisches unternehmerisches Handeln ist nicht erkennbar.
- Das äußere Erscheinungsbild der Tätigkeit entspricht einer früheren festen Beschäftigung für den Auftraggeber.
Nur wer drei der fünf definierten Punkte vereinigt, ist für die BfA ein Scheinselbständiger. Sollte die Behörde eine Scheinselbständigkeit vermuten, erhält der Betroffene die Möglichkeit, die Vermutung innerhalb einer Frist zu widerlegen. Verstreicht die Zeit ungenutzt, erlässt die BfA den Bescheid, mit dem sie die Scheinselbständigkeit des Betroffenen und damit seine Versicherungspflicht verbindlich feststellt.
Während die ersten beiden Punkte durchaus vom Makler verfehlt werden können, kommt keiner der Punkte 3-5 für einen Poolpartner von blau direkt auch nur annähernd in Frage. Damit ist auch jegliche Scheinselbständigkeit oder Rentenversicherungspflicht eindeutig vom Tisch.
blau direkt-AGB sichern Selbständigkeit
Aus den AGB des Pools regelt sich sehr klar, dass keiner der Punkte 3-5 erfüllt ist. Nirgends gibt es Weisungsgebundenheit oder ähnliche Kriterien.
Tatsächlich regelt §1 Stellung des Partners Absatz 2, Satz 2
Über die blau direkt vermittelte Verträge werden während der Vertragslaufzeit im Bestand der blau direkt geführt. Der vermittelte Vertragsbestand bleibt Eigentum des Partners und ist als solcher an den Partner abgetreten. blau direkt erklärt sich mit der jederzeitigen Übernahme des Vertragsbestandes durch den Partner in dessen Direktvereinbarungen oder einen Pool seiner Wahl einverstanden.
Da klar gestellt wird, dass der Vertrag Eigentum des Partners ist (und als solcher sogar abgetreten), ist hinreichend klar gestellt, das blau direkt für den Partner zwar das Forderungsmanagement betreibt, seine Gesamteinkünfte aber nur mittelbar durch blau direkt erhält. Tatsächlich bestehen seine Forderungen gegenüber den Gesellschaften fort. Sein Einkommen bezieht er daher letztlich nicht durch blau direkt, sondern auch weiterhin durch die verschiedenen Versicherer.
blau direkt fungiert gewissermaßen als Abrechnungsservice ähnlich einer privatärztlichen Verrechnungsstelle. Von dieser erhält ein Arzt nahezu 100% seines Einkommens, dennoch ist klar, dass nicht die Abrechnungsstelle für die Vergütung verantwortlich ist.
Fazit:
Makler können Ihr Geschäft ganz oder teilweise über blau direkt abwickeln. Eine Scheinselbständigkeit ist ebenso ausgeschlossen wie eine Rentenversicherungspflicht.