Besteht eine Rückzahlpflicht für Courtagen, wenn es keine Stornowarnung gab?

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Nach einer unter Maklern und Handelsvertretern weit verbreiteten Ansicht muss der Versicherer eine Stornogefahrmitteilung (Stornowarnung) an den Vermittler verschicken.

Aber stimmt das überhaupt?

In § 87 a Abs. 3 HGB heisst es dazu:

Der Handelsvertreter hat auch dann einen Anspruch auf Provision, wenn feststeht, dass der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist. Der Anspruch entfällt im Falle der Nichtausführung, wenn und soweit diese auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind.

Der Paragraph ist etwas kompliziert zu deuten, aber er weist daraufhin, dass der Unternehmer (Versicherer) nur dann von der Courtage-Zahlungspflicht frei ist, wenn er nichts tun konnte, um den Vertrag zu erhalten.

Doch was genau muss der Versicherer eigentlich tun, um einen Vertrag zu erhalten?

Wann kann ein Versicherer mit Recht behaupten, dass er es nicht zu vertreten hat, wenn der Vertrag storniert werden muss?

Was der Versicherer tun muss

Das aktuellste Urteil dazu stammt vom BGH (Az: VIII ZR 279 / 04) und es konkretisiert die Pflichten.

Nach Auffassung des BGH kann der Versicherer zwischen 2 Möglichkeiten wählen:

  • Der Versicherer kann eigene, nach Art und Umfang ausreichende Maßnahmen zur Stornoabwehr ergreifen.
  • Der Versicherer kann dem Versicherungsvermittler durch eine Stornogefahr-Mitteilung Gelegenheit geben, einen notleidend gewordenen Vertrag selber nach zu bearbeiten.

Die Auffassung nach der eine unterbliebene Storno-Mitteilung eine Rückzahlungsverpflichtung aufhebt, ist also schlicht falsch.

Hat der Versicherer genug getan?

Bleibt die Frage, ob die ggf. selbst ergriffenen Maßnahmen zur Stornoabwehr ausreichend waren?

Auch hierzu nimmt der BGH in gleichem Urteil Stellung. Der Versicherer muss nicht versuchen, seinen Anspruch gegen den Kunden gerichtlich durchzusetzen. Aussichtslose Prozesse gegen ohnehin zahlungsunfähige Kunden sind nicht zumutbar.

Unter Umständen reicht es also, wenn der Versicherer Mahnungen an den Kunden verschickt, die die negativen Folgen für den Kunden deutlich machen.

Wenn der Versicherer keine Mahnungen schickt

Bleibt die Vorstellung des letzten möglichen Auswegs: Was, wenn der Versicherer auch keine eigenen Mahnungen verschickt hat?

Selbst dann gibt es keinerlei Urteil, auf das sich ein Makler berufen könnte. Zwar wurde in einem Urteil in der Vergangenheit die Rückzahlungsverpflichtung eines Handelsvertreters für einen solchen Fall verneint. Dabei handelte es sich aber um einen Ausschließlichkeitsvertretern nach § 84 HGB. Ein Ausschließlichkeitsvertreter wird durch den Versicherer selbst beauftragt und befindet sich in einem klaren Abhängigkeitsverhältnis zum Versicherer. Dies hat das Gericht berücksichtigt.

Für den Makler trifft dies nicht zu. Das Urteil ist für den Makler daher nicht anwendbar.

Worauf begründet sich der Vergütungsanspruch eines Maklers?

Der Makler wird eher im Auftrag des Kunden tätig. Seine Anspruch auf Betreuungscourtagen stützt der Makler  nicht zuletzt auf seine aktive Betreuung des Kunden.

  • Wenn der Kunde nun ohne Wissen des Maklers storniert, ist dann nicht in Frage gestellt, ob der Makler überhaupt einen adäquaten Vergütungsanspruch verdient?
  • Wenn der Kunde den Vertrag im Nachgang offenbar als für sich nicht fortführbar ansieht, ist die Vertragsvermittlung dann überhaupt korrekt verlaufen?

Einen Anspruch auf unverdiente Courtagen aus dem offensichtlichen Vertrauensentzug des Kunden ableiten zu wollen ist befremdlich.  Solche Kollegen sollten einmal prüfen, welches Bild sie von sich und ihrer Arbeit eigentlich haben.

Beim Pool ist alles anders

Das gesagte gilt für Direktvereinbarungen.  Ein Pool ist nicht mit dem Versicherer gleichzusetzen, sondern wird als Dienstleister des Maklers tätig und verrechnet die Courtagen so weiter, wie er diese selbst erhalten (oder eben zurück zu zahlen) hat. Der Pool steht aus Forderungssicht auf Seiten des Maklers und kann daher kaum mit Verweis auf Versichererpflichten (selbst wenn diese bestünden) abgespeist werden.

Wer hier auf die Idee kommt, seine Courtagen wegen einer unterbliebenen Stornomitteilung nicht zurückzahlen zu wollen, sollte einmal tief in seine Seele schauen:

  • Es ist eine Sache sich nicht ausreichend über die beruflichen Grundlagen seines Berufes zu informieren, denn auf Halbwissen begründet man keine finanziellen Forderungen.
  • Kaum noch verständlich ist es, wenn ein Makler – Sachwalter seiner Kunden – die Rückzahlung ausgerechnet mit dem Argument verweigern will, dass er nicht weiß, dass seine Kunden mit den von ihm selbst vermittelten Verträgen unzufrieden sind.
  • Nicht das geringste Verständnis habe ich, wenn diese „Kollegen“ dann noch ihre eigenen Dienstleister im Regen stehen lassen wollen ( Dies gilt umso mehr, da der betreffende Makler selbst ja den Versicherer aussucht und damit auch ursächlich dafür verantwortlich ist, ob es sich dabei um einen Versicherer handelt, der Stornowarnungen verschickt. Siehe hierzu: Blogartikel -Freiheit hat einen Preis).

Fazit

Statt über juristische Winkelzüge Courtage behalten zu wollen, ist der Makler besser beraten, sich ordentlich um seine Kunden zu kümmern und Versicherungsprodukte gewissenhaft auszuwählen.

Wer zufriedene Kunden hat, bekommt und verdient(!) auch gute Courtagen.

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Kerstin Brinkmann