Schmerzensgeld nach Unfall – Wie viel steht Dir eigentlich zu? Natürlich heilt Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall keine Wunden. Allerdings hilft es dabei, den Unfall besser zu verarbeiten und die Unfallfolgen abzumildern. Um die geforderte Geldsumme auch zu erhalten, muss vieles beachtet werden.
Was ist Schmerzensgeld?
Nach einem Unfall besteht der Sinn des Schmerzensgeldes darin, einen finanziellen Ausgleich für erlittene Verletzungen zu schaffen. Die rechtliche Grundlage hierfür ist § 253 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Hiernach kann infolge unfallbedingter körperlicher oder gesundheitlicher Beeinträchtigungen eine „billige Entschädigung“ in Geldwert gefordert werden.
Was ist eine „billige Entschädigung“?
Mit „billiger Entschädigung“ meint die Juristin oder der Jurist nicht eine „günstige“ oder „niedrige” Entschädigung. Vielmehr soll das angemessene Schmerzensgeld immer anhand von passenden Kriterien berechnet werden. Da es sehr viele Kriterien in noch mehr Kombinationen zu bewerten gilt, ist es nicht einfach das Schmerzensgeld bei einem Verkehrsunfall genau zu beziffern. Schmerzensgeld ist immer eine Einzelfallbetrachtung. Pauschale oder allgemeingültige Beträge gibt es nicht. „Billig“ soll verdeutlichen, dass alle Umstände berücksichtigt werden, die den einzelnen Schadensfall prägen. Das Schmerzensgeld soll dem Geschädigten also einen angemessenen Ausgleich für die erlittenen Schäden bieten. Art und Ausmaß der unfallbedingten Beeinträchtigungen bestimmen dann die Höhe des Schmerzensgeldes.
Hinweis: Auch durch die Zahlung eines hohen Schmerzensgeldes ist ein wirklicher Ausgleich immaterieller Schäden oft nicht möglich. Für schwere Verletzungen gibt es keinen Geldbetrag auf dieser Welt, der die oft lebenslangen Einschränkungen wirklich ausgleichen kann.
Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion beim Schmerzensgeld
Bei der Berechnung der Entschädigungssumme nutzen die Juristinnen und Juristen zwei Funktionen. Zum einen die Ausgleichsfunktion und zum anderen die Genugtuungsfunktion.
Ausgleichsfunktion
Im Rahmen der Ausgleichsfunktion sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:
- Schmerzintensität: Art der Schmerzen, Dauer der Schmerzeinwirkung, Dauer und Grad der Arbeitsunfähigkeit, Dauer und Grad der Beeinträchtigung z. B. durch das Tragen einer Halskrause
- Eingriffsintensität: Operationen wiegen schwerer als bloße Prellungen. Schmerzensgeld kann man aber auch bei starken Prellungen nach einem Unfall bekommen.
- Folgeschäden: Sind Folge- oder Dauerschäden vorhanden oder sehr wahrscheinlich, erhöht sich das Schmerzensgeld anhand der Beeinträchtigung. Es wird nicht zwischen organischen und psychischen Beeinträchtigungen unterschieden.
Genugtuuungsfunktion
Im Rahmen der Genugtuungsfunktion sind diese Kriterien zu berücksichtigen:
- Ausmaß des Verschuldens: Vorsätzliches, grob fahrlässiges oder erheblich fahrlässigeres Verhalten wiegt schwerer als Nichtverschulden oder nur ein geringfügiger Verkehrsverstoß.
- Regulierungsverzögerung: Bewusste und mutwillige Verzögerung der Schadensbeurteilung
Vermögensverhältnisse: Eine wirtschaftlich bessere Position des Schädigers wird schmerzensgelderhöhend berücksichtigt. Wenn eine Versicherung für Schmerzensgeld nach einem Unfall seitens des Schädigers vorliegt, entfällt dessen persönliche Haftung.
Wann habe ich einen Anspruch auf Schmerzensgeld?
In der Regel hat ein Geschädigter Anspruch auf Schmerzensgeld, wenn die erlittenen Schäden auf das Fremdeinwirken einer dritten Person zurückzuführen sind.
Um eine Schmerzensgeldforderung stellen zu können, musst Du folgende Merkmale nachweisen:
- erhebliche Verletzungen
- durch den Unfall
- aufgrund von fahrlässigem oder vorsätzlichem Handeln des Unfallgegners.
Diese Merkmale gelten bei einem unverschuldeten Unfall, also festgestellten Verschulden beim Unfallgegner, meistens als erfüllt. Hast Du eine Mitschuld, kannst Du ebenfalls Schmerzensgeld verlangen, allerdings reduziert sich die Summe, da Du einen Mithaftungsanteil übernehmen musst.
Wann habe ich keinen Schmerzensgeldanspruch bei einem Unfall mit Personenschaden?
Es gibt aber auch Ausnahmen, bei denen Du kein Schmerzensgeld verlangen kannst:
- wenn Du selbst Schuld am Unfall warst
- bei nur leichten Verletzungen (z. B. Schürfwunden, leichte Prellungen)
- der Unfallverursacher ist jünger als 10 Jahre alt
- Schmerzensgeld für einen psychischen Schaden, wenn Du Angehöriger des Opfers bist
Diese Kriterien sind aber nur als pauschale Orientierung zu verstehen. Gerichte können sich in der genauen Analyse des Einzelfalls auch anders entscheiden.
Wie viel Schmerzensgeld steht mir zu?
Diese Frage ist nur mit Betrachtung Deines konkreten Einzelfalles sauber zu beantworten. Wir möchten Dir aber gerne eine erste Orientierung geben: Als grobe Richtwerte werden sogenannte Schmerzensgeldtabellen genutzt. Diese enthalten Urteile über Schmerzensgeldsummen, die in der Vergangenheit bei ähnlichen Verletzungen gezahlt werden mussten. Die höchsten Schmerzensgelder betrugen beispielsweise 600.000,00 Euro (Urteil OLG Jena, Az. 4 U 459/09) und 700.000,00 Euro (Vergleich OLG Frankfurt, Az. 14 U 99/11). Diese Summen sind aber nur ganz seltene Einzelfälle. Im Durchschnitt liegt zum Beispiel das Schmerzensgeld bei Unfall mit Schleudertrauma bei ca. 600 €. Aber auch dieser Betrag kann deutlich geringer oder höher ausfallen.
Wie wird Schmerzensgeld eingefordert?
Bei der Schmerzensgeldforderung muss der Geschädigte beweisen, dass er einen Schaden durch den Unfall erlitten hat. Der Nachweis erfolgt üblicherweise durch ein sogenanntes Sachverständigengutachten. Der Versicherer der Gegenseite kann zum Gegenbeweis auch ein Gegengutachten einholen.
Um nach einem Verkehrsunfall Schmerzensgeld zu erhalten, musst Du aktiv werden. Hierfür gibt es zwei Möglichkeiten:
Außergerichtliches Vorgehen
Für eine außergerichtliche Schmerzensgeldforderung muss ein entsprechender Antrag an die Haftpflichtversicherung des Schädigers geschickt werden. Dem Antrag sollte eine Forderungsbegründung, eine Frist und Beweise für Deine Verletzungen beinhalten. Die Versicherung wird daraufhin den Antrag prüfen und diesem stattgeben, ablehnen und Dich zu Verhandlungen einladen. Für die das außergerichtliche Vorgehen nutzt Du am besten die tausendfach bewährte Expertise des fairefroce.one-Netzwerkes. Das Spezialwissen der Verkehrsrechtsexperten erzielt regelmäßig bessere Auszahlungen für Kundinnen und Kunden.
Zivilklage
Weigert sich die Haftpflichtversicherung der Schmerzensgeldforderung nachzukommen, steht Dir der Klageweg offen. Hierzu muss Deine Klage frist- und formgerecht eingereicht werden. Auch hier helfen Dir unsere Experten gerne weiter. Nach dem Prozess entscheidet das Gericht darüber, ob Dir Schmerzensgeld zusteht oder nicht. Bei einem erfolgreichen Prozessausgang erhältst Du Schmerzensgeld.
Schmerzensgeld – Wie weise ich Verletzungen nach?
In beiden Verfahren muss im Detail nachweisen werden, welche Verletzungen Du erlitten hast, dass diese Schäden eine direkte Unfallfolge sind und auch welche Folgeschäden sich daraus entwickelt haben. Protokolliere dazu alle Arztbesuche, ambulante und stationäre Krankenhausaufenthalte und sonstige medizinischen Maßnahmen.
Folgende Dokumente können hierbei helfen:
- Polizeibericht und Arztbriefe
- Aussagen von Zeugen
- Zweitmeinungen und Expertengutachten
- Übersicht sämtlicher Folgekosten
- Krankenhausbescheinigungen
- Fotodokumentationen von Verletzung und Heilungsverlauf.