Wer denkt, dass Stress unbedingt vermieden werden muss, der irrt. Psychologen vermuten jetzt, dass moderater Stress durchaus zu schöpferischer Energie führen kann. Allerdings ist es nicht einfach, die Grenzen zwischen gesundem und krank machendem Stress zu erkennen.
Durch Stress entstehen unterbewusste Körperreaktionen
Stress führt zu Druck, vermeidbaren Fehlern und lästigen Körperreaktionen. Wenn Noradrenalin und Cortisol durch den Körper schießen und akute Stressreaktionen den natürlichen Kampf- und Fluchtmodus aktivieren, kann man dem Stress nichts Positives abgewinnen. Wie auch? Chronischer Stress führt zu Depressionen, Burn-out und gefährlichen Folgeerkrankungen. Doch gehört auch Stress zum natürlichen Leben dazu, wenn auch in geringen Dosen.
Kann Stress positiv sein?
Amerikanische Psychologen der renommierten Stanford-Universität haben ihre Meinung über den Stress mittlerweile geändert und sind zu der Erkenntnis gelangt, dass Stress eigentlich ein Freund werden sollte. Die Stanford-Psychologen haben rund 29.000 erwachsene US-Bürger über einen Zeitraum von 8 Jahren zu ihrem Stresslevel befragt und dieses erforscht. Im Kern ging es um das individuelle Stressaufkommen und parallel dazu, um die Gesundheitsentwicklung sowie die Sterberate der Probandengruppe. Dazu wurden Faktoren gerechnet, die ebenfalls auf die Gesundheit und Lebensdauer Einfluss nehmen, unter anderem das spezifische Geschlecht, das Alter, die ethnische Zugehörigkeit und der sozioökonomische Status.
Mehr Stress, höheres Sterberisiko
Interessant und auch für die Psychologen überraschend ist dabei die Tatsache, dass die Gruppe, die nach eigener Aussage viel Stress erlebte und diesen Stress auch für ihre Gesundheit als schädlich bewertete, ein um 43 Prozent höheres Sterberisiko aufwies als die Gruppe jener Studienteilnehmer, die sich mit weniger Stress konfrontiert sahen und diesen Stress als gesundheitlich eher unproblematisch einschätzten. Ob zwischen der persönlichen Einschätzung und der nachgewiesenen Mortalitätsrate tatsächlich ein kausaler Zusammenhang besteht, konnte allerdings wissenschaftlich nicht nachgewiesen werden.
Kurzfristiger Stress kann Gesundheit trotzdem langfristig fördern
Erwiesen ist, dass punktuelle Stressreaktionen uns kurzfristig bis an die Grenzen belasten können, die Gesundheit jedoch langfristig fördern. Wer sich diesem Stress bewusst und motiviert aussetzt, schläft nachts wesentlich besser, ist tagsüber ausgeglichener und gewinnt auch fürs Alter an Vitalität. Wichtig ist jedoch, dass es sich beim aufkommenden Stress tatsächlich nur um eine vorübergehende Belastung handelt, nach der sich der Hormonspiegel wieder normalisieren kann. Stress wirkt im Körper wie eine Energiespitze, nach der immer auch eine Entladung erfolgen muss. Für diese Entladung sorgen enorme körperliche Reserven, die durch einen Adrenalinstoß aktiviert werden – allerdings nur für durchschnittlich 15 Minuten.
Langfristiger Stress sollte gemieden werden
Haben wir es mit langfristigen Stressbelastungen zu tun, wird von negativem Stress ausgegangen. Dauerstress (oder Disstress) sorgt für eine Hormonausschüttung, die dann nicht mehr vom Energiehaushalt des Körpers abgebaut werden kann. Schließlich wird das Immunsystem dauerhaft beansprucht, bis es schließlich zu Fehlern und Ausfällen kommt. Der menschliche Organismus wird in der Folge anfälliger für Infektionen, es kommt zu einer Dauerbelastung des Herz-Kreislauf-Systems. Durch den erhöhten Blutdruck werden die Blutgefäße anfälliger gegenüber Entzündungen, Arterienverkalkung droht. Beim übermäßigen Konsum von Fett und Nikotin droht die Gefahr eines Herzinfarktes. Aber auch das Gehirn wird bei Dauerstress negativ belastet. Reizbarkeit und Resignation wechseln sich ab, was letztlich zu Depressionen und Burn-out führen kann.
Möglichkeiten Stress zu vermeiden
Um Dauerstress zu vermeiden, ist es wichtig, Strategien zu entwickeln, um positiven Stress bewusst zu erkennen und zu nutzen. Dazu gehört eine sinnvolle und realistische Arbeitsplanung, die mittels klassischer To-do-Listen umgesetzt wird. Dabei lassen sich Tages-, Wochen- und Monatsaufgaben in angemessene Zeitkontingente einteilen. Dabei sollte allerdings nicht jede Minute verplant werden, sondern man sollte durchaus Lücken für unvorhergesehene Aufgaben und Zeitreserven einkalkulieren. Wichtige Aufgaben, denen Priorität beigemessen wird, könnten dabei farblich hervorgehoben werden. Wer diese Listen in einem Notizbuch anlegt, kann sich dabei leicht „verzetteln“. Praktischer sind entsprechende Apps, die es mittlerweile für alle Smartphones und Tablets gibt. Auf überflüssige Meetings und übertriebene Smalltalks sollte verzichtet werden – zumindest dann, wenn man unter Zeitdruck steht. Denn Überflüssigkeiten rauben nicht nur wertvolle Zeit, sondern greifen auch die Konzentration an.