Wie sieht es mit der Maklerhaftung im Internetverkauf aus?

Unter den Top 10 neuer Partner ist die Frage, wie es sich mit der Maklerhaftung verhält, wenn der Makler über Onlineangebote wie Vergleichsrechner verkauft. Haftet der Makler wohlmöglich für alles, was der Kunde sich selbst aussucht?

 Gesetzliche Grundlage der Maklerhaftung

 

Die Maklerhaftung regelt sich im wesentlichen aus §823 BGB

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Nun hat der Makler wohl kaum fahrlässig gehandelt oder vorsätzlich einen Schaden zugefügt, wenn sein Kunde irgendetwas ungeprüft online kauft. Zwar kann der Kunde etwas falsches aussuchen, aber dafür trägt der Makler mangels eigener Handlung keinerlei Verantwortung.

Bleibt als Haftungsgrundlage nur Absatz 2. Er muss gegen ein Gesetz verstoßen haben.
Welches Gesetz könnte das sein?

Da kommt bezogen auf den Verkauf einer Versicherung  §60 VVG „Beratungsgrundlagen des Versicherungsvermittlers“ in Frage:

(1) Der Versicherungsmakler ist verpflichtet, seinem Rat eine hinreichende Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen und von Versicherern zu Grunde zu legen, so dass er nach fachlichen Kriterien eine Empfehlung dahin abgeben kann, welcher Versicherungsvertrag geeignet ist, die Bedürfnisse des Versicherungsnehmers zu erfüllen. Dies gilt nicht, soweit er im Einzelfall vor Abgabe der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers diesen ausdrücklich auf eine eingeschränkte Versicherer- und Vertragsauswahl hinweist.

Wenn der Makler einen Vergleichsrechner bietet, sind die Bedingungen nachvollziehbar erfüllt; also besteht keine Haftung aufgrund §60 VVG.

Wie sieht es aus mit §62 VVG „Beratungs- und Dokumentationspflichten des Versicherungsvermittlers“? Hier fällt vor allem Absatz 1 ins Auge:

(1) Der Versicherungsvermittler hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags nach § 62 zu dokumentieren.

Ui. Das liest sich böse. Nehmen wir mal die Nebensätze raus, dann steht dort:

Der Versicherungsvermittler hat den Versicherungsnehmer,…, zu beraten…

Stellt der Onlineverkauf demnach bereits einen Verstoß gegen die Beratungsverpflichtung dar? Und haftet der Makler entsprechend für die Folgen?

Beratungsgebot

Tatsächlich gibt es die Beratungspflicht des Maklers!

Schickt ein Kunde einem Makler von sich aus einen Antrag zu ( beispielhafter O-ton Kunde: „Ich habe das von einem Pfefferminzia-Vertreter mitbekommen, möchte es aber lieber bei Ihnen machen,weil meine Schwester so von Ihnen geschwärmt hat“) und der Makler deckt diesen ohne Rücksprache ein (beispielhafter O-Ton Makler: „Einem geschenkten Gaul…“), so hat er es zweifelsohne versäumt den Kunden zu befragen. Tatsächlich kann ein solcher Verstoß gegen die gesetzliche Pflicht zur Haftung des Maklers führen.

Kalkulierter Irrtum

Hieraus leiten nun tatsächlich einige Protagonisten ab, der Makler könne überhaupt nicht online verkaufen ohne gegen das Beratungsgebot zu verstoßen und folglich zu haften. Interessanterweise finden sich kaum Anwälte, die diese Ansicht unterstützen. Wohlmöglich hat diese Ansicht mehr damit etwas zu tun, dass die Prediger dieser Fehlsicht es versäumt haben rechtzeitig ein eigenes Onlineangebot aufzubauen?

Tatsächlich ist es nämlich ein Fehlschluß zu glauben, Beratung könne nur persönlich stattfinden.

Wikipedia erklärt den Begriff Beratung so:

Der Begriff Beratung bezeichnet umgangssprachlich ein strukturiertes Gespräch oder eine vergleichbare Kommunikationsform (Brief, E-Mail o. ä.) oder auch eine praktische Anleitung, die zum Ziel hat, eine Aufgabe oder ein Problem zu lösen oder sich der Lösung anzunähern.

Als vergleichbare Kommunikationsform kann demnach durchaus ein Abfrageformular dienen. Moderne Vergleichsrechner fragen sehr wohl nach der Bedarfssituation (Im Beispiel Privathaftpflicht muss der Kunde angeben ob er Schutz für „Single, Familie oder als Senior sucht) als auch nach den Wünschen des Kunden (Beispielsweise die Frage nach der gewünschten Deckungssumme). Der Vergleichsrechner führt dies strukturiert und lösungsorientiert durch. Die Beratung ist also tatsächlich auch im Onlineverkauf gegeben. Ein Verstoß gegen §62 VVG somit nicht gegeben.

Folglich gibt es keine Grundlage auf der ein Makler im Onlineverkauf haften kann.

Normalfall keine Haftung

Der Onlineverkauf ist somit die sicherste Verkaufsform überhaupt aus Sicht des Maklers. Moderne Vergleichsrechner können übrigens noch mehr: Sie erledigen die Dokumentationspflichten gleich mit. Auch dadurch wird die Haftung noch weiter minimiert.

Trotzdem gibt es Stolperfallen und zwar dann, wenn es sich nicht um einen reinen Onlineverkauf handelt. Besteht mit dem Kunden bereits ein konkreter Maklervertrag, der weitere Pflichten des Maklers regelt, kann dies die Sachlage durchaus verändern. Doch dazu mehr in meinem nächsten Blogbeitrag „Wann ein Makler für Onlineverkauf haftet, der am Mittwoch freigeschaltet wird. 😉




4 Kommentare zu “Wie sieht es mit der Maklerhaftung im Internetverkauf aus?

  1. Schöner Artikel. Haben eigentlich alle Vermögensschadenhaftpflichtversicherungen, die sich im Blau-Direkt Rechner befinden, den Leistungsbaustein „Abschluss durch Onlinerechner“ integriert ? Oder braucht es hierzu gar keine zusätzliche Deckung ?

  2. Das wäre wirklich eine sehr interessante Frage! Ist hier noch jemand im Blog, der diese evtl. kompetent beantworten könnte?
    PS: Übrigens ein sehr informativer und interessanter Artikel! Heutzutage ohne gute Onlinerechner den Themenbereich SHU abzuwickeln ist ja kostendeckend gar nicht mehr möglich…oder aber man geniesst in vollen Zügen den Vorteil als Selbstständiger nicht unter das 8,50-Mindestlohn-Gesetz zu fallen 😉

  3. Ehrlich gesagt halte ich solche „Leistungsbausteine“ für eine Marketing-Idee. Der Online-Abschluss ist rechtlich betrachtet nichts anderes als eine „invitatio ad offerendum“ des Kunden. Also ein Angebot einen Auftrag anzunehmen (Jeder Vertrag ensteht durch Angebot und Annahme!). Er wird online übermittelt. Das ist ein Kommunikationsweg. Nicht mehr und nicht weniger.
    Muss denn ein Makler nun auch den „Telefonverkauf“ oder die Auftragsübermittlung per Fax extra vereinbaren?
    Was ist wenn der Kunde nicht sprechen kann, sondern sich der Gebärdensprache bedient, ist das dann auch extra zu versichern?

    Ein spezifischer Kommunikationsweg könnte explizit als Auschlußtatbestand erfasst werden. Dies ist meines Erachtens nach bei keinem Angebot des Marktes aktuell der Fall. Einen Einschluß bedarf es hierfür jedoch ganz sicher nicht.

    Kollegiale Grüße
    Oliver Pradetto

Komentar verfassen

Die E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.