Warum die Versicherungswirtschaft eine Frauenquote braucht

Gerade mal 2 Jahre ist es her, als ich mich in meinem Blogbeitrag „Frauenquote – ein Chauvinist sagt, was er davon hält“ noch vehement gegen solche Quotenregelungen ausgesprochen habe.

Heute denke ich anders. Der Grund ist denkbar einfach: Die Verantwortlichen sind einfach zu blöd.

Politik hat Gleichberechtigung im Fokus

Eine Frau als Kanzlerin, eine Frau als Verteidigungsministerin – man kann davon halten was man will, aber dass die neuen starken Frauen im Land eine Frage aufwerfen ist offenkundig: Warum können Frauen ein ganzes Land regieren, aber müssen in Firmen oft in der Karriere zurückstecken?

Ich bin chauvinistisch genug, darauf eine eigene Antwort zu haben (siehe: Blogbeitrag „Frauenquote – ein Chauvinist sagt, was er davon hält“). Doch übersehen kann man die politische Brisanz des Themas nicht. Deswegen muss jeder Geschäftsmann eine solche Frage ernst nehmen und sich mit der Frage befassen, ob er für genügend Fairness in seinem Betrieb sorgt.

Elfmeter verschossen und nix gemerkt

Was sich da bei der Preisverleihung zum Maklerchampion-Award abgespielt hat, erfüllt mich mit Unverständnis. 2013 auf dem Höhepunkt der Diskussion wurden die besten Pools und Versicherer ausgezeichnet. Das Versicherungsmagazin und Service-Value luden zur Preisverleihung ein und reicherten das Event um ein Thema an. Es ging um „Frauen in Führungspositionen“.

Wen aus Ihrem Führungsteam würden Sie nun wohl schicken, um den Preis entgegenzunehmen?

Die Branche hat jedenfalls so reagiert:

Diskussion über Frauen ohne Frauen.
Diskussion über Frauen ohne Frauen. 8 Repräsentanten nehmen die Höchstplatzierungen entgegen und debattieren über „Frauen in Führungspositionen“. Hatte niemand außer blau direkt eine Frau im Führungsteam?

Sechs erste Preise werden von acht hocherfreuten Repräsentanten in Empfang genommen, doch selbst die Unternehmen die gleich mit 2 Führungspersönlichkeiten glänzten schickten Männer. Nur blau direkt entsandte Kristina August, die geschäftsleitend im Haus tätig ist und seit Ende 2014 offiziell Geschäftsführerin unseres Verlagshauses geworden ist.

Natürlich hätten Lars und ich den Preis auch gern entgegengenommen – wer lässt sich nicht gerne feiern? Uns war jedoch sofort klar, dass wir unmöglich einen Mann entsenden können, wenn das Thema  „Frauen in Führungspositionen“ lautet.

Nun ist das wenig repräsentativ, denn es gab ja nur 6 erste Plätze. Was ist also mit den Plätzen 1 bis 10 der jeweiligen Kategorien. Mehr Preisträger, mehr Frauen, oder?

Frauen in der Versicherungsbranche muss man mit der Lupe suchen
Wie ein Wimmelbild „Finde eine Frau“. Auf einer Preisverleihung bei der über Frauen in der Versicherungsbranche geredet wird, findet man kaum Frauen.

Erschütternd oder?

Sicherlich gibt es in unserer Branche wenig Frauen in Führungspositionen. Das ist unschön. Wirklich furchtbar ist es aber, dass man zu einer Diskussion über Frauen in Führungspositionen fast nur Männer schickt.

Ich glaube nicht, dass die großen Versicherer und Pools nicht wenigstens ein paar Frauen im Team gehabt hätten, die ihre Unternehmen würdig vertreten hätten. Ich glaube auch nicht, das man so selbstverliebt war, unbedingt selbst den Preis persönlich entgegennehmen zu wollen. Ich glaube, es hat schlicht kaum einer darüber nachgedacht. 

Ignoranz ist unfair

Nicht einmal bei einem solchen Event an seine weiblichen Führungskräfte zu denken ist schlicht ignorant. Wenn nicht einmal in einer solchen Konstellation daran gedacht wird, kann man dann wirklich davon ausgehen, dass Unternehmen bei Entscheidungen über Führungsaufgaben ernsthaft auch weibliche Mitarbeiter erwägen?

Nicht nur unfair, sondern dumm

Ehrlich gesagt interessiere ich mich nicht wirklich für Frauenrechte. Gleichstellungsdiskussionen reduzieren Menschen auf ihr Geschlecht. Das halte ich für verkehrt.

Ich glaube aber, dass Frauen teils andere Fähigkeiten einbringen als Männer und ich glaube, dass diese Fähigkeiten für jedes Unternehmen wertvoll sind.

Natürlich leben wir in einer Männerwelt. Da muss auch oft kompetitiv verhandelt werden und das können Männer (im Durchschnitt!) einfach eine Prise egoistischer umsetzen. Männer sind oft ehrgeiziger, agressiver und kompromissloser. Das ist vielleicht nicht schön, aber wenn es um die Wurst geht manchmal notwendig. Da wünsche ich mir als Verhandlungsführer eher einen Mann auf meiner Seite. Sorry!

Doch Frauen haben auch ihre Stärken. Frauen verhandeln im Durchschnitt kooperativer und – jeder Mann weiß es – denken völlig anders. Gerade diese Andersartigkeit bringt aber manchmal völlig überraschend andere Aspekte in Diskussionen und Arbeitsrunden. Der Output daraus ist kaum zu überschätzen.

Eine Firma die auf Frauen in Führung verzichtet, beschneidet sich selbst. Nur wer sich unabhängig vom Geschlecht fragt, wer der beste für den jeweiligen Job ist, wird wirklich die beste Besetzung finden.

Ohne Frauen kein Gehör

Mal ehrlich: Geh‘  beim Versicherer in das Erdgeschoss und ersten Stock. Dort wo sich die Sachbearbeitung befindet ist fast alles voll mit Frauen. Männer sind in der Minderzahl. Eine Mangel an Frauen gibt es offenkundig nicht.

Nun fahre hoch in die oberste Etage: Bis auf die Vorzimmerdamen fast nur noch Herren.

Vergessen wir mal das Geschlecht. Das Geschlecht macht den Unterschied nur sichtbar: Die „da oben“ werden völlig getrennt von denen „da unten“ besetzt.

Ein Unternehmen, dass seine Führungspositionen nicht aus der Mitte seines Teams aufbaut, ist ein schwach geführtes Unternehmen. Es ist blind, da es nicht auf seine Mitarbeiter setzt.

Notwendigkeit Frauen besser zu berücksichtigen

Ich war nie überzeugt davon Menschen über Quoten abzuqualifizieren und das letzte was ich mir wünsche ist noch mehr staatliche Regulierungswut, aber eines ist klar:

Für die Herausforderungen der Zukunft brauchen unsere Unternehmen die bestmögliche Besetzung der Führungsteams. Dies schließt ausdrücklich auch Werte wie Fairness, Gleichbehandlung und Gerechtigkeit ein. Wenn unsere Wirtschaft zu ignorant ist um zu erkennen,  das es Frauen in Führung braucht, dann müssen wir die Rahmenbedingungen ändern.

Habt Ihr eine Idee, wie man dies sinnvoll gestalten könnte?




4 Kommentare zu “Warum die Versicherungswirtschaft eine Frauenquote braucht

  1. Hallo Oliver, grundsätzlich bin ich ein absoluter Quotenfeind. Aber mit Deinem Artikel hast Du aus meiner Sicht voll ins Schwarze getroffen. Um die „Quote“ zu erreichen muß man ja nirgendwo Frauen herzaubern, Sie sind ja überall da. Und übrigens (Chauvi Spruch:Doch Frauen haben auch ihre Stärken ) Männer und Frauen haben Stärken und Schwächen, aber da sage ich Dir ja nichts Neues. Na ja, blau geht mal wieder voran.

  2. Wieder einmal hast Du es getroffen, Oliver! Ich bin ebenfalls gegen diese Gleichstellerei… Aber gleiche Chancen für Frauen haben oft Seltenheitswert… Da blau vorgeht… Du hast Recht, die Führungsetage muss aus der Mitte entwickelt werden. Leider wird mehr Geld für unternehmensferne Spezialisten ausgegeben…

  3. Es ist schon sehr unverständlich, warum gerade in der Branche der „Unisex“-Tarife ein ausgewogenen Verhältnis zwischen Frau & Mann in Führungspositionen nicht selbstverständlich ist.
    Dabei ist doch der Anteil der Frauen, die von ihrer eigenen Erwerbstätigkeit leben, in den letzten sechs Jahren signifikant angestiegen. [http://clever-online-versichern.de/immer-mehr-frauen-sind-finanziell-unabhaengig/]
    Selbst bei dem neuen Trend „Erwerbstätig bis ins hohe Alter“ [http://clever-online-versichern.de/neuer-trend-erwerbstaetig-bis-ins-hohe-alter/] werden Frauen mit einer Lebenserwartung von fast 83 Jahren den längeren Atem haben [http://clever-online-versichern.de/aenderungen-bei-der-lebenserwartung/].
    Aber Eure richtige Entscheidung, Kristina August diesen Preis entgegennehmen zu lassen, passt zu Eurem Motto „Wir gehen dann schon mal voran!“ (o.ä.). 🙂
    Schöne Grüße aus Berlin.

  4. Puuuh …. Frauenquote … schwieriges Thema. Spontan fielen mir dazu einige Aussagen ein, die ich hier lieber nicht niederschreibe … . Allerdings teile ich die Meinung von Oliver, daß wohl eine Quote hermuß, um die Qualität von Teams in speziellen Bereichen zu steigern. Prinzipiell bin ich dafür, daß jeder am besten dort eingesetzt wird, wo seine Stärken liegen und dann ist es völlig egal, welches Geschlecht. Frauen in Führungspositionen fühlen sich dort wohl und haben sich dafür auch bewußt entschieden. Starke Männer können mit solchen Frauen umgehen. Und jetzt höre ich auf zu schreiben und arbeite lieber weiter … grins

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