Die neue Ausgabe des Versicherungstip nimmt sich des Hauses blau direkt an. Der Versicherungstip gibt sich gerne investigativ, setzte aber im wesentlichen das Stilmittel der Polemik ein. Die Faktenlage ist für die Berichterstattung nicht immer ausschlaggebend.
Anlaß der Empörung war unser Blog-Artikel „Warum es kein Recht auf Courtagevereinbarung geben kann“. Konkret: Die Erläuterung zur Stellung des Maklers. blau direkt erläuterte darin unter anderem dass der Makler nicht einseitig Interessenvertreter des Kunden sei, sondern einen Interessenausgleichs zwischen Kunde und Versicherer herzustellen habe.
Die Berichterstatter empören sich deutlich:

Nachtrag zum 01.06.2015
Rechtanwalt Norman Wirth hat darauf hingewiesen, dass ihm fälschlicherweise eine Wertung des Versicherungstip zur Aufgabe des Steuerberaters zugeordnet wurde. Ich habe dies untenstehend korrigiert.
Was ist dran? Der Faktencheck.
Der Versicherungstip hat erkennbar eine andere Auffassung von der Rechtsstellung des Maklers. Hierzu greift er zunächst unsere Aussagen zur Rolle des Steuerberaters an und führt aus:
„Es ist nicht Aufgabe des Steuerberaters, Mandanten durch illegale Steuertricks Steuern zu sparen, aber bevor ein Steuerberater zum Interessenvertreter des Fiskus wird, sollte er das Mandat niederlegen.“
Das ist als Meinung legitim. Doch Finanzverwaltung und Steuerrecht unterliegen hoheitlich dem Staat. Das Gesetz für Steuerberater regelt gleich zu Beginn:
„§ 1 BOStB – Allgemeine Grundsätze
(1) Steuerberater sind Angehörige eines Freien Berufs und ein unabhängiges Organ der Steuerrechtspflege.„
Vielleicht interpretieren wir das ja falsch, wenn wir meinen, dass der Steuerberater damit dem Staat gegenüber in der Pflicht steht? Was sagt denn die Bundeststeuerberaterkammer dazu? Die Selbstverwaltung der Steuerberater muss es schließlich genau wissen.
„Der Steuerberater ist ein unabhängiges Organ der Steuerrechtspflege. Er ist Interessenvertreter seiner Mandanten und auch dem Gemeinwohl verpflichtet.“
Also beim Steuerberater lässt sich die Auffassung einer einseitigen Mandantenvertretung nicht nachvollziehen.
Wie sieht es mit dem Anwalt aus? Möglicherweise in Ermangelung entsprechender Rechtsquellen, bemüht der Versicherungstip den renommierten Fachanwalt und Branchenvertreter Norman Wirth. Er soll eine andere Rolle des Maklers belegen. Herr Wirth führt aus:
„Fakt ist aber auch, dass bei einem Anwalt die Interessen des Mandanten gegenüber denen des Staates im Rahmen der Gesetze eindeutig vorgehen. Ein Anwalt ist keinesfalls zum Interessenausgleich verpflichtet.“
Wessen Interessen gehen vor, wenn ein Bankräuber gerne frei gesprochen würde und den Anwalt um Falschaussage bittet? Die des Staates oder die des Bankräubers?
Die Bundesrechtsanwaltsordnung regelt gleich zu Beginn:
„§ 1 Stellung des Rechtsanwalts in der Rechtspflege
Der Rechtsanwalt ist ein unabhängiges Organ der Rechtspflege.“
Der Gesetzgeber macht es gleich zu Beginn zur Prämisse der anwaltlichen Tätigkeit, dass dieser für die Einhaltung der Gesetze Sorge trägt. Es bedarf demnach keiner Verpflichtung auf weitere Interessen des Staates. Der Staat bringt seine wichtigsten Interessen schließlich im Gesetz zur Geltung.
Herr Wirth behauptet nun, dass der Makler ebensowenig wie der Anwalt zum Interessenausgleich verpflichtet sei (obwohl wir ja gerade festgestellt haben, dass der Anwalt es sehr wohl ist). Das Handelsgesetz regelt:
„§ 98 Handelsgesetzbuch
Der Handelsmakler haftet jeder der beiden Parteien für den durch sein Verschulden entstehenden Schaden.“
„Der Handelsmakler ist zu seiner Vermittlungstätigkeit keiner der Parteien gegenüber verpflichtet. Übernimmt er aber den Auftrag, auch wenn er nur von einer Partei beauftragt ist, so tritt er gleichzeitig auch zu der anderen Partei in vertragliche Beziehungen.…Der Handelsmakler hat die Interessen beider Parteien wahrzunehmen.“
Fakten gegen Bauchgefühl
Es muss niemandem gefallen, dass wir als Makler nicht im alleinigen Dienst des Kunden sind. Es mag das Selbstbildnis mancher Maklerkollegen stören, dass Sie auch dem Versicherer gegenüber in der Pflicht stehen.
Jetzt mal ehrlich!
„Der Schiedsrichter mag für gute Arbeit nicht so viel Lob erhalten wie der Stürmer, aber er macht ein faires Spiel erst möglich.“Karl Wald
Ich denke,die Herangehensweise ist Grund für die Auslegungen. Der Bezug auf das HGB ist durch die Zuordnung des Versicherungsmaklers gemäß Par.59 VVG nicht mehr zum HGB gegeben. Denn erst durch die VVG- Reform ist der Makler erstmals in lex Specialis überhaupt erfasst worden. Das HGB war immer nur eine Krücke für den Vers.makler. Trotzdem hat dieser auch Pflichten gegenüber dem Versicherer, unbestritten. Doch ist eine Zuordnung in den aktuellen Nachträgen zu Courtagezusagen mit 93 HGB- Bezug nicht mehr zeitgemäß. Da gehört ausschließlich der Par. 59 VVG hinein. Alles andere wäre vertragsbegründeter Wunsch des Versicherers, aber keine gesetzliche Erfordernis.
Hallo Matthias,
eine prima Ergänzung! Das VVG spezifiert tatsächlich inzwischen die Aufgabenstellung des Maklers und ordnet diese klarer zu. Allerdings sollte nicht der Eindruck entstehen, dass das HGB keine regelnde Bedeutung mehr für unser Gewerbe hat. Es regelt unverändert wesentliche Grundlagen. Das kann man einfach testen indem man HGB und VVG gegeneinander abgleicht. Es gäbe ohne das HGB nicht einmal eine (gesetzliche) Vergütungsgrundlage für den Makler.
Und klar: Natürlich gilt es ab und an für die Interessen des Kunden und für die Unabhängigkeit des Makler zu streiten. Das man nicht jede Courtagevereinbarung naiv-blöd unterschreibt predigen wir seit Jahren. Bloß brauche ich mich darüber nicht öffentlich empören. Es ist doch ganz einfach: Als qualifizierter Makler, der beruflich damit befasst ist Verträge zu vermitteln, kann ich Klauseln lesen und verhandeln.
Die Erfahrung zeigt, dass Versicherer soliden Argumenten gegenüber aufgeschlossen sind (und wenn nicht, geht es auch mal ohne einen spezifischen Versicherer.;-) ).
Aber wie ich Dich kenne, sind wir beide uns ohnehin in den wesentlichen Punkten einig.
Liebe Grüße
Oliver
Moin, moin lieber Olli,
so ist es 🙂
LG
Matthias