Warum Transparo wirklich gescheitert ist – eine Analyse

Wie die Medien aktuell berichten plant die HUK-Coburg das mit anderen Versicherern gemeinschaftlich betriebene Vergleichsportal Transparo Ende Juli vom Netz zu nehmen. Hierzu hatte die HUK die Anteile der Mitbetreiber übernommen.

Das Portal sei nicht ohne eine Erweiterung der Vergleiche über die Versicherungsprodukte hinaus wirtschaftlich zu betreiben.

Gibt dies Versicherungsvertrieben und -maklern am Ende doch recht, wenn diese auf eigenes Engagement im Onlinegeschäft verzichten?

Eine Analyse zeigt: Was die HUK verkündet ist nur die  halbe Wahrheit.

Werbeschlacht um Kunden

Metaphorisches Bild - Beschneidung der Kosten
Einer der Gründungsimpulse von Transparo war die Beschneidung der Kosten, die ein Versicherer für die Vermittlung eines Kunden beziehungsweises Antrages an das jeweilige Vergleichsportal zu zahlen hatte.

Der Gründungsimpuls der Transparo lag nicht darin ein eigenständiges Geschäftsmodell aufzubauen. Vielmehr ging es von Beginn an im Wesentlichen darum das Versicherungsgeschäft nicht länger Vergleichsportalen wie Check24 & Co zu überlassen. Diese hatten zuletzt so erhebliche Umsätze aus den klassischen Vertriebsstrukturen abgezogen, dass sie immer selbstbewusster immer höhere Konditionen forderten.

Die Angst vor Erpressbarkeit ist eine starke Motivation, ersetzt aber kein tragfähiges Geschäftsmodell.

Transparo sollte für die beteiligten Versicherer im Versicherungsbereich Geschäft generieren. Die Konditionen wollte man mit der eigenen Plattform jedoch selbst bestimmen. Um dies zu erreichen kopierte man den Ansatz des Vergleichsportales von Check24 und war bemüht über Werbung in den Medien und im Netz Kunden zu generieren.

Aktive Werbung ist jedoch teuer und unterliegt dem klassischen Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage. Wenn auf eine bestimmte Anzahl von Netzanfragen mehr interessierte Anbieter zugreifen wollen, steigen zwangsläufig die Preise. Die Webeschlacht um die Kunden war entsprechend teuer und somit verlustreich.

Unvollständige Ursachen-Analyse

Jeder Geschäftsplan geht von einem angestrebten Zielumsatz aus. Um diesen zu erreichen bedarf es technischer und personeller Ressourcen.

Um diesen Zielen nahezukommen, war der Resourcen- und somit Kostenaufwand enorm. Diese Aufwendungen rechnen sich nur, wenn es gelingt die Kundenzahl bzw. die Umsätze in die vorhergesehene Höhe zu bewegen. Um dies zu erreichen muss man entsprechend stark werben.

Werbung ist jedoch ein wenig wie das Wettgeschäft. Man kann Glück haben oder Pech. Werbung läuft mal erfolgreicher und mal weniger erfolgreich. Doch wenn man in ausreichend großer Masse wettet, wird Wetten am Ende zur simplen Mathematik. Ein entsprechendes Werbevolumen führt am Ende zu einem durchschnittlichen Erfolg je investiertem Werbe-Euro.

Im Endeffekt lässt sich ausrechnen wie viel Werbung je Kunde bzw. vermitteltem Vertrag investiert werden muss. Transparo hat den durchschnittlichen Ertrag und Aufwand je Kunde ermitteln können, der für die Kundengewinnung notwendig war.

Das nüchterne Ergebnis war das diese Zahlen nicht zueinander passten. Mit den durchschnittlich an einen Kunden verkaufbaren Versicherungen lässt sich nicht der Ertrag generieren, der notwendig wäre, um die Werbekosten zu decken.

Die vermeindliche Schlussfolgerung ist, dass dies bei Check24 scheinbar funktioniert, weil Check24 zusätzlich andere Produkte wie beispielsweise Strom, Urlaubsreisen und Mietwagen anbietet. Dadurch steigt der Umsatz und Ertrag je Kunde offenbar auf ein Level, bei dem sich das Verhältnis von Werbeaufwand zu Ertrag wieder rechnet.

Grundsätzlich ist diese Analyse korrekt, greift aber zu kurz.

Weitere Hebel

Zunächst einmal beginnt die Analyse mit einem spezifischen Zielumsatz. Wird dieser verkleinert, verkleinern sich auch die benötigten technischen und personellen Ressourcen und damit alle weiteren Folgekosten. Weniger Werbung kann dann gezielter eingesetzt werden.

Transparo wollte jedoch von Beginn an den Marktführer angreifen, statt generisch zu wachsen, denn auch die Benchmark Check24 ist nicht von einem auf den anderen Tag auf das heutige Niveau gestiegen.

Bei einem Portalansatz entstehen Grundkosten für die es ein gewissen Mindestumsatz bedarf. Der Ansatz „kleiner machen“ reduziert die Variablen nicht, jedoch die fixen Kosten und hätte als Lösung für Transparo allein wohl nicht funktioniert.

Doch dabei wird übersehen, das Fixkosten nicht per se „fix“ sind. Transparo hat Abwicklungslogistik zu enorm hohen Kosten selbst entwickelt.

Warum eigentlich?

Hier wäre zu prüfen, ob ein Outsourcing nicht bereits erhebliche Summen hätte sparen können. Der Wettbewerber Top-Tarif hat beispielsweise vor einigen Monaten verkünden lassen, dass er die Eigenentwicklung von Kfz-Vergleichen einstellt und stattdessen auf die Technik des Wettbewerbers Check24 zurückgreift. Zahlreiche andere Portale nutzen die Vergleichstechnik von blau direkt und sogar die CMS-Systeme und sparen damit nahezu sämtliche technische Investitionen.

Auch im Bereich Verwaltung hat Transparo vom ersten Tag an auf eigene Ressourcen, statt auf erfahrene Dienstleister, zurückgegriffen. Grade die personellen Ressourcen liegen auf Grund von Tarifvereinbarungen für Versicherer jedoch entschieden höher als bei anderen Dienstleistern.

In anderen Branchen bedienen sich Unternehmen des Outsourcing-Prinzips seit jeher wie selbstverständlich. Nur Versicherer scheinen alles selber, teurer und nochmal neu machen zu müssen.

Doch wenn sich ein Makler eines Pools oder sonstigen Dienstleistern bedienen kann und damit eigene Logistik spart: Warum kann das ein Versicherer eigentlich nicht?

Spezialisierung versus Generalist

Doch vor allem hat Transparo das eigene Geschäftsmodell nicht konsequent genug durchdacht. Check24 ist gewissermaßen ein Kaufhaus bei dem der Vergleich von nahezu alle Dienstleistungsprodukten möglich ist. Transparo wollte sich nun gewissermaßen als Fachhändler präsentieren und nur einige Produktbereiche – nämlich Versicherungen- abbilden. Das kann man tun, muss aber natürlich das Geschäftsmodell entsprechend modifizieren. Genau hier hat Transparo jedoch versagt.

Bringen wir das ganze in ein Beispiel:

Stellen Sie sich vor eine Kaufhauskette setzt Ihnen als Hersteller von Damenmoden zu, weil diese einen immer größeren Marktanteil im Vertrieb gewinnt und Ihnen zunehmend die Einkaufspreise diktiert. Als Hersteller von Damenmoden suchen Sie nach Lösungen.

Natürlich könnten Sie neben dem Kaufhaus jeweils ein eigenes Damenmode-Bekleidungsgeschäft eröffnen und somit in direkte Konkurrenz zum Kaufhaus treten, das ist legitim und unter Umständen ein sinnvoller Weg.

Doch wenn Sie das gleiche Produktangebot haben, warum sollte der Kunde zu Ihnen statt ins Kaufhaus gehen, wo er zur Damenmode auch noch die passenden Schuhe und Accessoires erhält?

Das Fachgeschäft wird in der Regel ein breiteres Angebot bei Damenmode bereitstellen, kompetentere Beratung und zusätzliche Services wie einen Änderungsdienst und ähnliches bieten. Dadurch erzeugt der Fachhändler gegenüber dem Kaufhaus einen Mehrwert für den Kunden und kann sich gegenüber dem vermeindlichen Konkurrenten profilieren.

Dieser Mehrwert wird von dem Kunden weitergetragen und spricht sich herum. Dadurch bedarf es eines geringeren Werbeaufwandes für das (zwangsläufig kleinere) Fachgeschäft und es beginnt sich zu rechnen.

Wenn Transparo ein Fach-Portal für Versicherung hat werden wollen, hätte es sich auch konsequent so aufstellen müssen.

Bestandskunden versus Neukunden

Was Transparo ebenfalls übersieht ist, dass das Geschäftsmodell von Check24 nicht auf die Neukundengewinnung abzielt. Das Kfz-Geschäft ist von den Margen gesehen nicht das attraktivste Geschäft.

Die Frage ist also, warum der Marktführer ausgerechnet in diesem Segment so einen hohen Aufwand betreibt.

Tatsächlich gewinnt man mit Kfz-Kunden den größten Umfang an Kundendaten und erfährt neben Beruf, Einkommen, Wohn- & Arbeitssituation auch vieles über Familie und Freunde bis zum Vornamen der Kinder. Dieser Datenschatz lässt sich hervorragend für Cross-Selling-Iniativen nutzen.

Die Neukundengewinnung auf hohem Niveau erfordert viel teure Werbung. Die Bindung eines Bestandskunden mit entsprechendem Cross-Selling ist hier weitaus preiswerter. Zudem werden Kosten durch zukünftige Empfehlungen durch bestehende Kunden nochmals weiter gesenkt.

Hinzu kommt: Wenn Google erst ins Vergleichsportal-Geschäft einsteigt, könnte der Nachschub an Neukunden schnell wegfallen. Der Marktführer konzentriert sich diesbezüglich daher schon lange darauf, die bestehenden Kunden durch intensive Follow-Ups in der Werbung und zahlreiche CRM-Maßnahmen intensiver an sich zu binden und die Cross-Selling-Quote zu erhöhen.

Transparo hat dies weitestgehend versäumt und – natürlich – auch hier nicht auf erfahrene Dienstleister gesetzt, sondern versucht das mit eigenen Mitteln umzusetzen. Ein Grund kann sicherlich sein, dass die beteiligten Versicherer einen starken Fokus auf dem Kfz-Bereich haben.

Zalando – Wenn Werbung zu teuer wird

Auch wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, so gibt es noch immer Alternativen. Hier könnte das Beispiel Zalando als Vorbild dienen.

Zalando ist binnen kurzer Zeit zum führenden Textilhandel im Internet geworden. Allerdings bedurfte es dazu ebenfalls eines enormen Werbeaufwandes, welcher die Erträge auffrisst. Zalando hat nun einen Großteil des Unternehmens an die Pro7-Gruppe verkauft. Die Mediengruppe möchte sich breiter aufstellen und kann die Werbung quasi zu Einkaufspreisen – also fast zu null Kosten- betreiben.

Auch Google könnte sich als Kooperationspartner von Transparo anbieten. Immerhin hat man seitens Google aus verschiedensten Gründen bislang den geplanten Marktstart im Versicherungsportalbereich verschoben.

Ideen gäbe es also genug. Wenn nicht im eigenen Haus, dann vielleicht bei Firmen die so etwas schon länger erfolgreich machen?




7 Kommentare zu “Warum Transparo wirklich gescheitert ist – eine Analyse

  1. Eine kleine, aber feine Sache fehlte bei Transparo:

    Die Antwort auf die Frage: Weshalb Transparo und nicht Check24?
    Alleinstellung, Positionierung, Mehrwert – Fehlte komplett.

    Die Me-too Strategie gepaart mit Werbedruck ist ein gewagter und teurer Weg.

  2. Kann nicht auch die mangelnde Qualität einiger Online-Vergleiche von Transparo zumindest mitverantwortlich für das Scheitern gewesen sein?
    So fragt Transparo beim Vergleich von BU-Versicherungen bis heute noch nicht einmal den konkret ausgeübten Beruf ab. Auch bei Risiko-Lebensversicherungen erfolgt keine Berufsabfrage, obwohl auch hier schon bei vielen Gesellschaften (z.B. Europa, WWK, InterRisk) der Beitrag vom ausgeübten Beruf abhängig ist. Wie werden die ge- bzw. enttäuschten User auf die logischerweise häufig falschen Darstellungen reagiert haben?

  3. Auf jeden Fall ein Beweis für die These, dass Geld nicht alles zum funktionieren bringt. Dass das Portal kein wirtschaftlicher Erfolg wird, war schon abzusehen, aber das die das Ganze einstampfen, hatte ich auch nicht gedacht.

  4. Ein Portal zu erstellen und dann auch noch für Traffic zu sorgen ist enorm aufwändig. Es kommt ja nicht nur auf den Monetären Einsatz durch Werbung an, sondern auch entsprechende Fachkräfte die sich um Marketing, online-Marketing und EDV kümmern. Das schafft viele passive Kosten.
    Als Einzelkämpfer kostet es viel Zeit und damit auch Geld, nämlich erstmal das entgangene Alternativgeschäft.
    Insofern ist natürlich bd eine tolle Lösung, die anderen Komponenten die selbst zu leisten sind sollten aber nicht vergessen werden.

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