Die Verweisung von Auszubildenden in der Berufsunfähigkeitsversicherung entwertet Schutz erheblich

Bei einem Arbeitsunfall erlitt ein Maurer-Azubi eine dauernde Lähmung des rechten Arms. Der Auszubildende brach seine Maurerlehre ab und verlangte vom Versicherer Leistungen (Monatsrente und Beitragsfreistellung) aus seiner privaten Berufsunfähigkeitsversicherung.

Wie die Geschichte weitergeht?

Im Februar 2002 erkannte der Versicherer die Berufsunfähigkeit ohne Befristung an. im Februar 2002 an. In 2003 begann die versicherte Person auf Initiative der Berufsgenossenschaft eine neue Ausbildung / Umschulung zum Versicherungskaufmann und teilte dies dem Versicherer mit. Der Versicherer erklärte daraufhin, dass er nun – nachdem der Versicherte einen neuen Ausbildungsplatz erhalten habe – grundsätzlich seine Leistungen einstellen könne. Er sei aber bereit, die Leistungen für die Zeit der neuen Ausbildung weiter zu bezahlen. Es müsse aber klargestellt sein, dass die Leistungen nach dem Ende der Ausbildung nicht weitergezahlt würden. Dies unterzeichnete der Versicherte. Drei Monate nach dem Ausbildungsende stellte der Versicherer seine Leistung ein. Der Versicherte fand keine Anstellung im neu erlernten Beruf als Versicherungskaufmann und reichte Klage auf weitergehende Rentenzahlung beim OLG Bamberg ein.

Prozess und Urteil

Das OLG Bamberg räumte dem Versicherer das Recht der Leistungsverweigerung aus der getroffenen Vereinbarung ein. Der BGH ( 30.03.2011 – IV ZR 269/08 ) schloss sich dieser Auffassung nicht an und begründete dies 2011 damit, dass der Versicherer seine Leistung allein im Wege des Nachprüfungsverfahrens hätte einstellen dürfen. Durch das unbefristete Leistungsanerkenntnis sei eine Selbstbindung geschaffen worden, die nicht durch eine Individualvereinbarung zum Nachteil des Versicherten geändert werden könnte (Verstoß gegen Treu und Glauben). Somit entschied der BGH zugunsten des Versicherten.

Bitteres Ende

Dieses BGH-Urteil macht deutlich, dass die in der Praxis so gern ausgesprochenen zeitlich befristeten Anerkenntnisse während einer Ausbildung oder wie in diesem Beispiel, die Befristung der Leistungspflicht auf die Dauer einer neuen Ausbildung, nicht unbedingt wirken.

Für zukünftige BU-Leistungsfälle kann jedoch davon ausgegangen werden, dass Versicherer einen solchen „Verfahrensfehler“ (BGH-Urteile gehören zur Pflichtlektüre von Leistungsprüfern) nicht noch einmal begehen und die Verweisungsmöglichkeiten im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens ausschöpfen werden. Umso wichtiger ist es künftig in den Bedingungen für Auszubildende zu prüfen unter welchen Umständen eine dauerhafte Anerkennung der Leistungspflicht bei Auszubildenden erreicht werden kann.




7 Kommentare zu “Die Verweisung von Auszubildenden in der Berufsunfähigkeitsversicherung entwertet Schutz erheblich

  1. Vielen Dank Herr Timmermann, für den interessanten Artikel. Neben der Bedingungsqualität kommen auch noch juristische Aspekte bei der Vermittlung von Berufsunfähigkeitsversicherungen hinzu.

  2. Beim genannten Beispiel scheint es sich tatsächlich um einen „Ausrutscher“ zu handeln, der den Versicherungen nicht mehr unterlaufen wird. Vielen Dank auch von mir an Herrn Tillemann für den aufschlussreichen Beitrag zum Thema.

  3. Vielen Dank für diesen interessanten Artikel zum Thema Berufsunfähigkeitsversicherung. Er zeigt die Vielschichtigkeit dieser Thematik. Ich hoffe auf weitere solche Informationen zur Berufsunfähigkeitsversicherung.

  4. Das zeigt nur noch einmal das das A und O bei der Wahl der richtigen BU die Recherche vorher ist. Leider muss man immer noch viel zu viel Acht auf das Kleingedruckte geben. Aufgrund der teils sehr unterschiedlichen Anforderungen und Voraussetzungen an die Police unterscheiden sich auch die vielen Stolperfallen enorm von Fall zu Fall.

  5. Hallo Herr Timmermann, zumindest wissen jetzt alle Beteiligten, woran sie sind. Das macht das ganze Thema Berufsunfähigkeitsversicherung ein wenig transparenter. Vielen Dank.

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