Was bei der vorvertraglichen Anzeigepflicht zu beachten ist…

Die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht ist mittlerweile eine der häufigsten Ursachen, die bei privaten Berufsunfähigkeits-Leistungsfällen zu Gerichtsprozessen führt. Worauf bei der Antragstellung und/oder einer späteren BU-Leistungsprüfung seitens des Versicherungsnehmers zu achten ist, sollen die folgenden Ausführungen zeigen.

Für die fachliche Unterstützung möchte ich mich bei Herrn Rechtsanwalt Dirk Schwane, Fachanwalt für Arbeitsrecht herzlich bedanken.

 Vorvertragliche Anzeigepflicht

Der Versicherer ist gemäß § 1 VVG bei Eintritt des Versicherungsfalles zur Leistung verpflichtet. Lehnt der Versicherer die Regulierung des Versicherungsfalles vollständig oder teilweise ab, beruft er sich häufig auf die Verletzung einer Obliegenheit durch den Versicherungsnehmer. Obliegenheiten sind gesetzliche und vertragliche Verhaltenspflichten des Versicherungsnehmers (z.B. Anzeige-, Auskunfts- und Mitwirkungspflichten), deren Erfüllung Voraussetzung für die Entstehung und den Erhalt des Versicherungsschutzes sind. Eine große Rolle für die vollständige Leistungsfreiheit des Versicherers hat die gesetzliche vorvertragliche Anzeigepflicht gemäß § 19 Absatz 1 VVG. Verletzt der Versicherungsnehmer die vorvertragliche Anzeigeobliegenheit, kann der Versicherer den Rücktritt erklären (§ 19 Absatz 2 VVG). In diesem Fall ist er von der Erbringung der Versicherungsleistung frei (§ 21 Absatz 2 VVG).

Umfang der Beweislast des Versicherers

Der Versicherer hat zu beweisen, dass der Versicherungsnehmer objektiv eine Obliegenheit zur Anzeige hatte und er diese verletzte. Gemäß § 19 Absatz 1 VVG umfasst dies den Beweis, dass bis zur Abgabe des Antrages ein gefahrerheblicher Umstand vorlag, der Versicherer den Versicherungsnehmer in Textform nach dem Umstand fragte, der Versicherungsnehmer den Umstand nicht angab, obwohl er Kenntnis von diesem Umstand hatte. Darüber hinaus muss der Versicherer darlegen, dass er den Versicherungsnehmer gemäß § 19 Absatz 5 VVG generell auf einen möglichen Rücktritt und die damit einhergehende Leistungsfreiheit im Falle der Verletzung der Anzeigeobliegenheit hingewiesen hat.

Vorliegen eines gefahrerheblichen Umstandes

Gefahrerhebliche Umstände sind alle Tatsachen, die auf die Entscheidung des Versicherers auf Abschluss des Versicherungsvertrages mit dem vereinbarten Inhalt Einfluss ausüben. Die Beweislast des Versicherers erstreckt sich darauf, dass er dem Versicherungsnehmer in Textform vor dem Vertragsabschluss nach den gefahrerhöhenden Umstand fragte. Eine ungefragte spontane Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers besteht nach heutigem Recht nicht mehr.

Fazit

Pauschale Fragen lösen keine Anzeigepflicht mehr aus. Die Neufassung des VVG im Jahre 2008 erschwert die Beweislast des Versicherers. Im Gegensatz zur Altregelung (Verträge vor 2008 / § 16 Absatz 1 Satz 3 VVG a.F.) wird nicht mehr vermutet, dass ein Umstand, den der Versicherer erfragt, gefahrerheblich ist. Die alleinige Behauptung des Versicherers, ein Umstand sei zur Gefahrerhöhung geeignet, ist nicht mehr ausreichend…

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4 Kommentare zu “Was bei der vorvertraglichen Anzeigepflicht zu beachten ist…

  1. Hallo Holger,
    wie immer fachlich auf den Punkt gebracht.

    Zitat: „Darüber hinaus muss der Versicherer darlegen, dass er den Versicherungsnehmer gemäß § 19 Absatz 5 VVG generell auf einen möglichen Rücktritt und die damit einhergehende Leistungsfreiheit im Falle der Verletzung der Anzeigeobliegenheit hingewiesen hat.“

    Bezüglich der jüngsten Rechtsprechung verschiedener OLG in Verbindung mit § 19 Abs. 5 VVG ist die Art und Weise der Informationsübermittlung seitens der Versicherer zu einem möglichen Vertragsrücktritt nicht akzeptiert worden. Bei der Thematik „vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung,Gesundheitsfragen und Vertragsrücktritt des Versicherers“ ergeben sich übrigens nicht unerhebliche Schnittmengen zur privaten Krankenversicherung.Eine verbraucherfreundlichere Rechtsprechung ist diesbezüglich in jüngster Zeit unübersehbar.

    Problematisch für Versicherungsmakler:

    Versierte Fachanwälte haben die Versicherungsmakler als schwächstes Glied der Kette bezüglich einer Durchgriffshaftung im Visier. Die VSH als Garant für Schadenersatzanprüche gegen Makler ist für Anwälte zunehmend interessant. Versicherungsmakler können sich mit einer detaillierten und von Kunden gegengezeichneten Beratungsdokumentation schützen. Ein Passus bezüglich der Rücktrittsklausel der Versicherer in Verbindung mit einer Obliegenheitsverletzung durch den Versicherungsnehmer(Gesundheitsangaben)sollte m.E. nicht fehlen.

    Beste Grüße
    Thomas Ludolph/Privamed24

    Meine persönliche Empfehlung:

    Wer auf eine rechts- und haftungssichere Beratung und Vermittlung von BU Versicherungen wert legt, sollte sich definitiv der BU Analyse-Software und den Fachinformationen der Onlineworkshops von Holger Timmermann bedienen. Diese Investition ist für Makler mehr als betriebswirtschaftlich sinnvoll. Ich kenne Holger Timmermann persönlich bereits seit mehr als 20 Jahren als einen der wenigen wirklichen Spezialistn im Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung. Schließlich ist es ja auch der Sinn eines solchen Blogs, sinnvolle Emfehlungen und Tipps zu geben.

  2. Gleichzeitig veranschaulicht dieser Beitrag auch deutlich, wie wichtig es ist, bei der Beantragung einer Berufsunfähigkeitsversicherung nicht irgendeinen x-beliebigen Vermittler an der Seite des Versicherungsnehmers zu haben. Wenn es um derart existenzielle Versicherungen geht, sollte man seine Berufsunfähigkeitsversicherung lieber in die Hände eines Profis legen, der die notwendige Erfahrung hat, gemeinsam mit dem Kunden die Gesundheitsfragen rechtssicher für einen potenziellen Leistungsfall in der Berufsunfähigkeitsversicherung zu beantworten.

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