In der Regel geht es bei der Conversion-Rate um das Abschlussziel des Verkaufs. Als Verkäufer haben wir gelernt mit dem Modell des Trichters zu arbeiten.
Das führt uns im Internet in die Irre.
Das Prinzip des Trichters
Das Prinzip des Trichters wird in unzähligen Varianten verwendet. So in etwa sieht die klassische Form aus:
Das Prinzip ist einfach:
- Aus einer Zahl an Interessenten, gewinne ich Kontakte, dann Termine, mache konkrete Angebote und komme schließlich zu Kunden.
- Je mehr ich oben zuführe, desto mehr kommt unten raus.
- Messe ich die Zahlen von Schritt zu Schritt erkenne ich, wo mir zu viele Kunden verloren gehen und kann gezielt an diesem Engpass arbeiten indem ich beispielsweise meine Präsentation verbessere oder meine Termin-Akquise.
Der Gedankengang ist so effektiv, dass dieses Modell in modifiziert Form auch von Web-Experten genutzt wird:
Das ganze klingt ebenso einleuchtend:
- Die Besucher navigieren von der Startseite, informieren sich, vergleichen die Produkte und kaufen schließlich. Alles geschieht Schritt für Schritt.
- Je mehr Leute Du auf Deine Page bringst, desto mehr können überhaupt kaufen.
- Schaue Dir Schritt für Schritt an und wenn Dir irgendwo zu viele Kunden verloren gehen, Deine Quoten zu schlecht sind, optimiere.
Vereinfachte Abbildung der Wirklichkeit
Der Verkaufstrichter ist als vereinfachte Abbildung der Wirklichkeit hilfreich. Wenn es darum geht als einzelner Verkäufer in einer sehr zielgerichteten Tätigkeit Schwachstellen zu identifizieren, gelingt dies durch das Modell sehr anschaulich. In jedem sehr linear verlaufenden Prozess, kann das Trichtermodell wertvolle Hinweise geben. Dies gilt auch für Kaufprozesse im Internet.
Die Wirklichkeit im Onlineverkauf ist aber komplexer und verläuft nicht ausschließlich linear. Aus diesem Grund ist die übliche Betrachtung von Kaufprozessen nach dem Trichtermodell zwar sehr hilfreich, doch als ausschließliche Methode mitunter trügerisch.
Ein Beispiel von Andre‘ Morys (Buchautor von „Conversion Optimierung“):
In einem Warenhaus kommen Kunden in den Laden, schauen sich die Textilien an, suchen einzelne aus, gehen in die Umkleidekabine und anschließend an die Kasse.
Wendete man hier das Modell des Trichters an, könnte man messen, wieviele Personen zwischen Umkleidekabine und Kasse verloren gingen. Ist die Absprungquote zu groß, folgerte man daraus ein Problem beim Weg zur Kasse. Möglicherweise hielte man die Hinweisschilder Richtung Kasse für zu klein.
Conversion Rate ist nicht Usability
Wenn ein Kunde anschließend an eine Vergleichsberechnung nicht abschließt, hat er dann den Abschlussknopf nicht gefunden? Muss ich diesen dann größer machen und wenn er dann immer noch nicht abschließt, mach ich ihn dann noch größer?
Oder hat der Kunde vielleicht schlicht nicht gekauft, weil er gar nicht kaufen wollte?
Sicherlich können wir einem Kunden der wirklich kaufen will unterstellen, dass er sich im Zweifel auch durch einen nicht optimalen Abschlussweg durchklickt.
Conversion Rate ist komplex
Das Modell des Trichters verführt uns mechanistisch zu denken und Schritt für Schritt an der Benutzerfreundlichkeit zu arbeiten. Dabei könnten wir beispielsweise übersehen, dass möglicherweise die Homepage schlicht die falsche Farbe hat, der Kunde emotional falsch motiviert wird und deswegen am Ende nicht kauft.
Der wichtigste Tipp zur Verbesserung der Conversion Rate lautet demnach: Denken sie nicht mechanistisch. Konzentrieren Sie sich in erster Linie nicht auf den Prozess indem Sie Schritt für Schritt optimieren, sondern gehen Sie insgesamt auf die Kaufmotive Ihres Kunden ein.
Die Frage ist also nicht, wie Sie Ihren Kunden dazu bringen den Abschlussknopf zu drücken. Machen Sie sich stattdessen Gedanken darüber, was Sie tun können, damit Ihr Kunde bei Ihnen (online) kaufen will.
Hallo Oliver,
interessante Einsichten…jetzt weiss ich auch, warum ich dem Trichtermodell immer kritisch gegenüber stand.
Wenn wir den Trichter zu stark eindimensional optimieren, dann kann dies auch dazu führen, dass die Kunden den Abschluss-Button drücken oder im persönlichen Gespräch unterschreiben, diese dann jedoch genauso schnell dabei sind, den „Storno“-Button zu drücken. Stichwort „Kaufreue“.
Beste Grüsse
Oliver
Auch andere Dinge wie z.B. Emotionen, USPs, … sind wichtig. Das kam mir ein bisschen zu kurz. Warum sollte er denn bei mir kaufen wenn der nächste „Laden“ ein Klick weiter ist.
Kauftreue statt Kaufreue – das ist das Ziel aller Optimierung.
– Hans Steup, Berlin
Wie kaufen denn Männer ein? Wir gehen in ein Geschäft, dann zielsicher z. B. zu den Hosen und nehmen 1-3 Stück mit in die Umkleide. Eine passt und wird gekauft. Danach gehen wir wieder aus dem Geschäft raus.
So soll es auch im Internet sein. Am besten ALLES gleich auf der Startseite finden und abschließen. Evtl. noch eine Zwischenseite um auf den Vergleichsrechner zu kommen.
Wichtig ist auch, dass sofort die Telefonnummer für Fragen / Hilfe auf der Startseite zu finden ist.
Beste Grüße
Timo Fuhrmann
Das mit den Hosen ist schon richtig 🙂 Wenn mir aber mal eine Hose gefällt, da kauf ich gleich 3, dann habe ich die nächste Zeit Ruhe.
Die Conversion Rate von 3 % im Versicherungsbereich wäre natürlich sensationell.