Haftungsfallen für Versicherungsmakler – Dokumentationspflicht auch bei Nicht-Kunden

Wie kann ich Kunden wieder löschen?

Oft äußern Kollegen den Wunsch in der Bestandsverwaltung Kunden wieder zu löschen. Immerhin sei es nicht zu einem Abschluss gekommen. Der nachvollziehbare Wunsch offenbart ein Missverständnis, dass den Versicherungsmakler in eine gefährlichen Haftungsfalle führt.

Das durch blau direkt angebotene Bestandsverwaltungssystem dient gleichzeitig als Dokumentationsprogramm und ist somit revisionssicher angelegt. Dies bedeutet, dass einmal eingepflegte Daten nicht mehr gelöscht werden können. Wären Löschungen möglich, könnten auf diesem Weg nachteilige Dokumentationen entfernt und neu geschrieben werden. Das System wäre damit nicht revisionssicher und die den Makler enthaftende Dokumentationsfunktion hinfällig.

Doch auch wenn der Makler bei blau direkt anruft, wird eine Löschung hartnäckig zurückgewiesen. Dies selbst dann, wenn es sich bloß um Interessenten handelt, also Personen zu denen gar kein Geschäftsverhältnis entstanden ist. Welchen Sinn soll dies haben?

Um dies zu verstehen, müssen wir ein Missverständnis ausräumen. Es geht um das Missverständnis, dass die Dokumentationspflicht sich ausschließlich auf Kunden bezieht.
In §61 des VVG heißt es zu den Dokumentationspflichten:

Der Versicherungsvermittler hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags nach § 62 zu dokumentieren.

Das sind sehr viele Sätze. Kürzen wir dies einmal auf das Wesentliche herunter:

Der Versicherungsvermittler hat den Versicherungsnehmer … zu befragen und … zu beraten … . Er hat dies … zu dokumentieren.

Filtert man den Satz, erkennt man klar und deutlich, dass nirgends die Rede davon ist, dass der Versicherungsnehmer tatsächlich beim Versicherungsmakler abschließen muss.

Die Beratung ist also selbst dann zu dokumentieren, wenn der Interessent kein Kunde geworden ist.

Damit haben wir die vorherrschenden Missverständnisse aber noch nicht hinreichend aufgeklärt, wie man an einer häufigen Entgegnung erkennt:

Ich habe den Interessenten gar nicht beraten!

Auch hier irrt der Makler, der glaubt nur weil es nicht zu einem Termin gekommen wäre, entfiele die Dokumentationspflicht. Tatsächlich spricht der Gesetzgeber nämlich nicht explizit von einem Beratungstermin.
Auch hier verhilft uns das Gesetz – wenn wir es sinnvoll verkürzen – die Intention herauszufiltern:

Der Versicherungsvermittler hat den Versicherungsnehmer, soweit … Anlass besteht, nach … zu befragen … . Er hat dies … zu dokumentieren.

Wenn beispielsweise ein Interessent im Internet oder gegenüber einem Call-Center-Agent Interesse an einem Vergleich äußert ist dies zweifelsfrei ein „Anlass“, nicht wahr?
Es mag sein, dass der Kunde sich beim Versuch der Terminvereinbarung verweigert und kein weiteres Interesse bekundet, doch wie wollen Sie dies im Nachgang glaubhaft machen, wenn Sie es nicht dokumentieren? Niemand kann Ihnen vorwerfen, dass Sie Ihre Beratungspflicht nicht wahrgenommen haben, wenn der Interessent die Beratung verweigert, doch dazu muss zumindest dieser Umstand von Ihnen belegt werden können.

Es braucht sicherlich keines umfangreichen Protokolls in solchen Fällen. Ein Zweizeiler, der das Scheitern Ihrer Bemühungen um das Kundeninteresse festhält reicht zweifelsohne. Unter Umständen reicht es schon, dass zum Interessenten keine weiteren Informationen in Ihrem System existieren als die bloße Adresse. Die Gleichförmigkeit Ihrer Vorgehensweise (also die immer gleiche Art ähnliche Vorgänge zu dokumentieren – also bei Ablehnung des Ersttermins durch den Kunden nichts zusätzlich zu dokumentieren) kann eventuell sogar ausreichen.

Eine Löschung des Kunden aus Ihren Unterlagen kommt jedoch keinesfalls in Frage.

Stellen Sie sich nur einmal vor, der Kunde erleidet im Anschluss einen Schaden und behauptet, Sie hätten ihm die Auskunft erteilt die betreffende Versicherung sei für ihn unwichtig und deshalb sei es nicht zu einem Termin gekommen.

Während der Kunde beispielsweise durch einen Einzelverbindungsnachweis das Telefonat mit Ihnen glaubhaft machen kann, haben Sie nicht einmal eine Notiz zum Kunden?
In diesem Fall greift dann im schlimmsten Fall die Beweislastumkehr und Sie müssen beweisen, den Kunden korrekt beraten zu haben.

Fazit: Sobald Sie als Versicherungsmakler mit potentiellen Kunden in Kontakt treten, muss dies unabhängig vom Abschluss dokumentiert werden.




4 Kommentare zu “Haftungsfallen für Versicherungsmakler – Dokumentationspflicht auch bei Nicht-Kunden

  1. Hallo und guten Tag,

    die Dokumentation ist schon ein Problem. Jedes Gespräch intern zu dokumentieren -wir kennen da keine gültige Rechtsprechung- ist sicher richtig und empfehlenswert. Man kann natürlich dokumentieren wie ein Weltmeister, wenn der Kunde das Gegenteil behauptet freut sich der Rechtsanwalt
    .
    Ein guter Rechtsanwalt, oder auch ein Mittelprächtiger, kann doch diese Dokumentation, die der Kunde nicht unterschrieben hat, jederzeit anzweifeln?

    Mit freundlichen Grüßen

    Burkhardt Neumeier

  2. Irgendwie habe ich das Gefühl, egal was ich als Makler mache, es ist eh nicht richtig!!!!
    Wenn ich schon richtig DOKUMENTIERE, mache ich wieder etwas mit Telefonwerbung oder Datenspeicherung falsch. Mittlerweile hört der 5 Maklerkollege von mir auf, weil keiner mehr Lust hat.
    Gruß
    TF Versicherungsmaklerbüro

  3. @Herr Neumeier

    Klar kann die Dokumentation angezweifelt werden. Na und?

    Bei der Dokumentation geht es nicht um die Frage der Haftung. Es geh allein um die Frage der Beweislast.

    Derjenige der einen Anspruch geltend machen will, muss seinen Anspruch beweisen. Fehlt die Dokumentation, gilt die Beweislastumkehr und der Makler muss den Anspruch des Kunden aktiv widerlegen.

    Es geht also nur darum, eine Dokumentation zu haben (die grundsätzlich glaubwürdig sein muss, dass heißt revisionssicher).
    Beweisen muss ich diese als Makler nicht.

    Herzliche Grüße
    Oliver Pradetto

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