Aktuelles Urteil zur Dokumentationspflicht von Versicherungsmaklern

Die ersten Urteile zur Beratungsdokumentation fallen aktuell und wie immer werden diese ausführlich in den Medien kommentiert.

Wie immer in solchen Fällen geschieht dies vor allem durch Personen, die die Urteile nicht einmal gelesen haben.

Wir haben im aktuellsten Fall nachgelesen.

Am 27. Januar entschied das saarländische Oberlandesgericht zu Gunsten eines Maklers (Az.: 5 U 337/09), obwohl dieser nur eine unvollständige Dokumentation vorlegen konnte.

Im vorliegenden Fall stellte der Makler eine bestehende Krankenversicherung auf Wunsch des Kunden in einen billigeren Tarif um und ließ dabei auch die zuvor eingeschlossene Krankentagegeldversicherung weg.
Während der Makler bekräftige dies sei auf Wunsch des Kunden und ausdrücklich gegen seinen Rat geschehen, behauptete der Kunde nach einem Schadensfall dies sei nicht sein Wille gewesen und er wäre sich der Folgen auch nicht bewusst gewesen.
In der Dokumentation des Maklers fand sich zu diesem Streitpunkt keinerlei Hinweis.

Laut Medienberichten bewahrte den Makler vor allem die Tatsache, dass ein Kollege im Gespräch anwesend gewesen sei, der die Darstellung des Maklers glaubhaft gemacht habe.

Tatsächlich ist es möglich, dass eine fehlende oder unvollständige Dokumentation zu einer Beweislastumkehr zu Lasten des Maklers führen kann. Dies ist an sich nicht überraschend.

Faktisch lässt sich aus dem Urteil jedoch nicht schließen, dass die Beweislastumkehr schnell zur Hand wäre. Auch die Behauptung einiger Kommentatoren, dass der Makler ohne einen zusätzlichen Zeugen verurteilt worden wäre lässt sich nicht nachvollziehen.

Vielmehr führt das Gericht ausdrücklich zu Gunsten des Makler aus:

Im Übrigen verkenne der Kläger, dass eine eingehende Beratung über die Folgen einer Kündigung des Krankentagegeldversicherungstarifes weder erforderlich noch geboten gewesen sei. Dass hiermit der Verlust von Ansprüchen auf Versicherungsleistungen einhergehe, liege auf der Hand. Dass über die Krankentagegeldversicherung überhaupt nicht gesprochen worden sein solle, stehe in Widerspruch zu dem Wunsch des Klägers, seine Beitragslast soweit wie möglich zu reduzieren. Gegen die Annahme einer Kündigung gegen den Willen des Klägers spreche das Interesse der Beklagten, einen Verlust von Bestandspflegeprovisionen möglichst zu vermeiden.

Das Gericht wusste also sehr wohl zu würdigen, dass nicht jeder einzelne Ratschlag des Maklers zu dokumentieren ist.

Auch der durch den Kunden unterzeichnete Auftrag trug zur Beweislast bei, obwohl dieser nicht in der Dokumentation erfasst wurde:

Ebenso erscheint es stimmig, dass der Zeuge G. dem bereits begonnenen Anschreiben an den Versicherer vom 18.6.2007 auf Aufforderung des Zeugen J. den handschriftlichen Zusatz „und alte anderen Tarife bitte ausschließen“ hinzugefügt haben soll, nachdem der Kläger – entgegen dem ausdrücklich erteilten Rat – auf das absolut notwendige Minimum an Versicherungsschutz beharrt habe.

In einem Schlüsselsatz des Urteils wird sogar ausdrücklich bekräftigt, dass die Beweislast für einen Schaden beim Kunden liegt:

Gegenteiliges folgt entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht aus dem Inhalt des handschriftlichen Vermerks des Zeugen J. vom 18.6.2006. Dort heißt es: „Es erfolgte bezüglich des KV Vertrags keine Beratung! Herr B. wünscht eine Umstellung in Start Fit mit 300 SB ohne weitere Zusatz-Versicherungen! KVG2 PVN“ Damit ist insbesondere nicht belegt, dass eine Beratung nicht erfolgt ist.

Dieser Passus ist insbesondere deswegen bemerkenswert, weil der Makler hier offenbar falsch dokumentiert hat. Immerhin baut die Verteidigung des Maklers darauf auf, dass dieser vor dem Verzicht auf die Krankentagegeldversicherung gewarnt habe und hier dokumentiert er eher das Gegenteil.

Die 5 wichtigsten Erkenntnisse aus dem aktuellen Urteil

1.) Keine Beweislastumkehr bei vorliegender Dokumentation

Wenn eine Dokumentation vorliegt, hat der Kunde glaubhaft zu machen, dass er fehlerhaft beraten wurde. Dies gilt selbst dann wenn die Dokumentation wenig umfänglich und in Teilen fehlerhaft ist.

2.) Beratungsgegenstand, Beratungsziel und Beratungsdauer sind essentiell

Aus der Lektüre des Urteils ergibt sich klar wie wichtig die Dokumentation des eigentlichen Anlasses des Gesprächs ist, weil die Gerichte daraus in Verbindung mit der Dauer des Gesprächs ihre Schlüsse über den mutmaßlichen Inhalt der Beratung ziehen .

3.) Verzicht dokumentieren

Wenn der Kunde ausdrücklich gegen den Rat des Makler handelt, auf wichtigen Versicherungsschutz verzichtet oder seinen Versicherungsschutz nachträglich reduziert, sollte dies immer festgehalten werden.
Der Makler hätte sich hier durch einen Halbsatz die gesamte gerichtliche Auseinandersetzung erspart.

4.) Es kommt auf den gesamten Beratungsprozess an

Das Urteil fußt unter anderem maßgeblich auf die Antragsunterlagen. Das Urteil zeigt daher eindringlich, dass der gesamte Prozess der Beratung und insbesondere auch Antragsunterlagen, Korrespondenzen usw. revisionssicher archiviert werden müssen.
Dies erhärtet die Beweislage zu Gunsten des Maklers und erleichtert die Dokumentation, denn was sich aus einem Antragsformular oder Kundenbrief ergibt, muss nicht noch einmal extra notiert werden.

5.) Nicht auf Schwarzseher und Schwätzer hören

Die Medienberichterstattung zu dem Urteil kommt fast einhellig zu dem Ergebnis, dass der Makler umfänglich dokumentieren muss, obwohl das Urteil genau das Gegenteil nahe legt.
Auch die kommentierenden Juristen sind mehr an der Verunsicherung des Maklers interessiert, als daran Klarheit zu schaffen (Merke: Verunsicherung ist bei Anwälten die Basis jedes Geschäfts!).
Am besten ist daher immer sich nicht unnötig in Panik versetzen zu lassen.
Wenn etwas sehr pessimistisch klingt, ist es besser einmal genau nachzulesen. Das ist auf jeden Fall billiger und effektiver, als seine gesamte Arbeitsweise umzustellen.




12 Kommentare zu “Aktuelles Urteil zur Dokumentationspflicht von Versicherungsmaklern

  1. Es ist beruhigend dass hier jemand mit Verstand das Thema mal aus unserer Sicht beleuchtet. Es ist nämlich alles gar nicht so dramatisch. Und schlussendlich stehen wir besser da als vorher. Danke!

  2. DANKE für die Kommentierung und Betrachtung durch „unsere“ Brille als Makler! So etwas hilft im Dschungel der Mutmaßungen, Unterstellungen…… Weiter so…….

  3. eine ordentliche Dokumentation, auch von Telefonaten, halte ich schon seit zwanzig Jahren für sinnvoll, hat mir auch schon mal richtig geholfen. Im Streitfall sollte man immer eine außergerichtliche Einigung anstreben – ein anderer Richter könnte vielleicht auch anders reagieren.

  4. herzlichen Dank für die aussagefähige Beleuchtung des Urteils! Für uns Makler bleibt natürlich weiterhin wichtig, elementare Veränderungen bestehender Verträge vom Kunden aussagefähig unterzeichnen zu lassen! Ich selbst lasse derartige Wünsche gern unter „Besondere Vereinbarungen“ gegenzeichnen.

  5. Das sehe ich mit Skepsis Herr Dettmann.

    Grundsätzlich spricht natürlich nichts dagegen, den Kunden auch eine schriftliche Bestätigung abzuverlangen, wenn er eklatant gegen den Rat des Maklers handeln möchte.
    Man kann es sogar verkäuferisch nutzen, denn wenn der Kunde beispielsweise unterschreiben muss, dass er keine BU will, denkt er erfahrungsgemäß doch nochmal darüber nach.

    Aus rechtlicher Sicht empfiehlt es sich jedoch dies handverlesen und systematisch zu tun. Denn die Frage ist ja, was eine „elementare Veränderung“ ist.
    Das beurteilt im Zweifel ein Richter und wenn Sie sich eine solche Änderung unterschreiben lassen haben, eine andere aber nicht, haben Sie ein Problem.

    Mit jeder Kundenunterschrift dokumentiert man nicht nur das, was der Kunde unterschrieben hat, sondern insbesondere auch das, was er nicht unterschrieben hat.

    Hole ich gar nicht erst Kundenunterschriften ein, kann eine fehlende Unterschrift nie als Indiz gegen mich gewertet werden.

    Aber wie gesagt: Handverlesen und bei (klar fest gelegten) „elementaren Veränderungen“ kann dass durchaus Sinn machen.

    Liebe Grüße
    Oliver Pradetto

  6. Man sieht aber doch immer wieder wie wichtig es geworden ist richtig zu dokumentieren. Nicht umsonst gibt es Normen, wie zum Beispiel die ISO-Normen in denen ein Hauptthema die Dokumentation ist. Im Interesse aller macht es also wirklich Sinn, wie ich finde.

  7. Danke für diese ausführliche Information.
    Es wird aber wieder klar, das eine Dokumentation unverzichtbar ist, denn der Kunde kommt kaum von selbst drauf, sondern wird durch sogenannte „Verbraucheranwälte“ erst darauf hingewiesen.
    Egal wie unterschiedlich die Gerichte entscheiden, „wer schreibt, der bleibt“

Komentar verfassen

Die E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.